Freitag, 31. Juli 2020

Neue EBA-Leitlinie für Kreditvergabe/-überwachung (EBA/GL/2020/06)

Roland Kupka, Unternehmensberater Corporate Finance und Risikomanagement

 

I. Einleitung

 

Vor dem Hintergrund hoher Non-Performing-Loan-Portfolien (NPL) in der EU beauftragte der Europäische Rat die European Banking Authority (EBA) neben den „Leitlinien für notleidende und gestundete Kreditengagements“ (EBA/GL/2018/06 – veröffentlicht 31.10.2018) auch „Leitlinien für die Kreditvergabe und Monitoring“ zu erarbeiten. Zur Konsultation stellte die EBA am 19.06.2019 das Konzeptpapier „Draft Guidelines on loan origination and monitoring“ („Entwurf von Richtlinien für die Vergabe und Überwachung von Krediten“). Die ursprüngliche Frist für „Response“ war der 30.09.2019. 

 

Nach einer hohen Anzahl an Eingaben bereits im Jahr 2019 und auch angesichts der großen Herausforderungen für das Finanzsystem durch die COVID-19 Pandemie in 2020 wurden die „Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht für die Kreditvergabe und Überwachung“ (EBA/GL/2020/06) kürzlich finalisiert und am 29.05.2020 veröffentlicht. Die zuständigen Behörden („competent authorities“) sind aufgefordert, der EBA innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung, d. h. bis zum (27.08.2020, mitzuteilen, ob sie den Leitlinien nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen, oder die Gründe zu nennen, warum sie dies nicht tun („comply or explain“). Geht innerhalb der genannten Frist keine Mitteilung ein, geht die EBA davon aus, dass die zuständige Behörde den Anforderungen nicht nachkommt. Der erste definierte Anwendungszeitpunkt der EBA-Leitlinien ist der 30.06.2021[1]

 

II. Entwicklung der „NPL-Portfolien“ der EU-Banken – Handlungsbedarf

 

Ausgelöst durch die Finanzmarktkrise der Jahre 2008/2009 ist das NPL-Gesamt-Kreditvolumen der EU-Banken von einem Anteil in Höhe von ca. drei Prozent des Gesamt-Kreditvolumens im Jahr 2008 auf ca. 7,5 % im Jahr 2012 angestiegen. Seit dem Jahr 2014 war ein deutlicher und erfreulicher Abwärtstrend auf einen Anteil von ca. 3,5 % - und damit in etwa auf das „Vorkrisenniveau“ – zu verzeichnen. So wurde bis Ende 2018 das NPL-Kreditvolumen der 150 größten europäischen Banken um insgesamt ca. B€ 112 reduziert. Der erreichte Abbau betraf dabei herausragend und insbesondere die EU-Länder Italien mit ca. B€ 82, Portugal mit ca. B€ 24 und Zypern mit ca. B€ 6. Der per 03/2019 verbliebene (unverändert hohe und eine immense Belastung für das europäische Bankensystem bedeutende) Restbetrag des NPL-Gesamt-Kreditvolumens von ca. B€ 600 lag gleichwohl unverändert maßgeblich in den Ländern a) Italien mit einem Volumen in Höhe von ca. B€ 137, b) Frankreich mit ca. B€ 124, c) Spanien mit ca. B€ 84, d) Griechenland mit ca. B€ 79 und e) Deutschland mit etwa B€ 40.   

 

Die maßgeblichen Hintergründe für die erreichte Reduzierung des NPL-Gesamt-Kreditvolumens waren insbesondere eine Vielzahl an Verkaufs-Transaktionen am Sekundärmarkt (italienische Banken waren hierbei öfters zu vermerken), Änderungen der Insolvenzregime in einzelnen EU-Ländern, vorgenommene Rekapitalisierungen von EU-Banken unterschiedlicher Länder und letztlich auch die Geschäftsaufgabe oder Schließung von Kreditinstituten in den letzten Jahren. Dieser NPL-Abbauprozess wurde weiterhin parallel begleitet durch einen Anstieg der gesamten Wertberichtigungs- und Risikovorsorgerate auf in etwa 60 % des NPL-Gesamt-Kreditvolumens.

 

So erfreulich bis dahin die Gesamtentwicklung der NPL-Kreditvolumina zu betrachten war, so verblieb gleichwohl eine recht heterogene Situation der NPL-Kreditvolumina der Kreditinstitute in den einzelnen EU-Ländern. So betrugen im EU-Raum per Anfang 2019 in 14 Ländern die NPL-Volumina/Ratios weniger als drei Prozent, jedoch verblieben andererseits die NPL-Kreditvolumina in drei EU-Ländern auch bei mehr als zehn Prozent – und damit auf einem langfristig nicht tragfähigen Niveau. 

 

Diese Entwicklung führte berechtigterweise bei den Finanzaufsichten zu einer Fokussierung auf die Kreditqualität der EU-weit tätigen Kreditinstitute und der Notwendigkeit zu der EU-weiten Einführung von Standards, die konsistent und verlässlich für das Risikomanagement, die Prozesse und die Überwachung von Kreditengagements gelten.

 

Mit der veröffentlichten Leitlinie zielt die EBA nun auf die Sicherstellung einer hohen Kreditqualität auf Kreditinstitutsebene durch nachhaltige und solide Kreditvergabestandards, deren Monitoring sowie Einbeziehung von Governance-Regelungen. Dabei werden weiterhin aktuelle aufsichtsrechtliche Schwerpunkte und Entwicklungen bezüglich der Kreditgewährung wie

 

  • ökologische Parameter (Pariser Klimaabkommen, Agenda 2020 für nachhaltige Entwicklung),
  • der Umgang mit Nachhaltigkeitskriterien (ESG Environmental, Social, Governance),
  • Green-lending-policies“ (Verwendung der Finanzierungsmittel für definierte Klima- und Umweltkriterien) und 
  • soziale und marktwirtschaftliche Faktoren, Aspekte der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung sowie technologiebasierte Innovationen

 

berücksichtigt.

 

III. Ziele der EBA European Banking Authority und Inhalt der EBA-Leitlinien

 

Die nun veröffentlichten EBA-Leitlinien stellen eine weitere Komponente im europäischen Aktionsplan zur europaweiten Regulierung des Kreditgeschäfts dar und unterstützen die Zielrichtung der EBA hinsichtlich  

 

  • Verbesserung der Finanzstabilität und Widerstandsfähigkeit des EU-Finanzsystems („stability and resilience“),
  • Konkretisierung der Kreditvergabestandards in Abhängigkeit der spezifischen Geschäftsmodelle der Kreditinstitute zur Vermeidung eines erneuten Anstiegs der NPL-Kreditvolumina und
  • Verbesserung der Qualität der Daten und Herstellung einer Informationssymetrie zwischen Institutionen und Investoren in Sekundärmärkten für notleidende Kredite in Europa.

 

Die zentralen Aspekte der EBA-Leitlinien sind (neben den Themen Technik, Geldwäsche und Verbraucherschutz, die über die eigentlichen Kreditprozesse hinausgehen) die Prozesse im Kreditgeschäft - und hierbei insbesondere die Kreditwürdigkeitsprüfung der Institute, da diese Prüfung der erste Schritt zur Steuerung der Kreditrisiken darstellt („first line of defense“) - als auch die Bewertung der Kreditsicherheiten.

 

Daher gliedern sich die EBA-Leitlinien konsequent in insgesamt 5 Abschnitte wie folgt:

 

                    Abschnitt 4:   Interne Governance für Kreditvergabe und Überwachung, Kreditgewährung und Entscheidungsfindungsprozess („internal governance for credit granting and monitoring“)

                    Abschnitt 5:   Verfahren zur Kreditvergabe, Anforderungen an Kreditwürdigkeitsprüfung der Kreditnehmer („loan origination procedures“)

                    Abschnitt 6:   Bepreisung, Darlegung aufsichtsrechtlicher Erwartungen für risikobasierte Preisgestaltung von Darlehen („pricing“)

                  Abschnitt 7:   Bewertung von Immobilien und beweglichen Vermögenswerten zum Zeitpunkt der Kreditgewährung sowie Überwachung und Überprüfung („valuation of immovable and   movable property“)

                   Abschnitt 8:   Überwachungssystem, Angabe der laufenden Überwachung des Kreditrisikos und der Kreditengagements („monitoring framework“)

                                       

Schlussendlich enthalten die EBA-Leitlinien drei Anhänge, in welchen eine Reihe von 

 

  • Kriterien, die bei der Entwicklung und Dokumentation der Kreditvergabekriterien zu berücksichtigen sind (Anhang 1 – Kreditvergabekriterien hinsichtlich „Kreditvergabe an Verbraucher und Kleinstunternehmen sowie kleine, mittlere und große Unternehmen als auch produkttypenspezifische Kriterien für die Finanzierung von Gewerbeimmobilien und Schiffsfinanzierung),

 

  • Informationen und Nachweisen, die von Instituten und Kreditgebern bei der Erhebung für die Zwecke der Kreditwürdigkeitsprüfung einzubeziehen sind (Anhang 2 – Informationen und Daten für die Kreditwürdigkeitsprüfung „Verbraucher, Kleinstunternehmen sowie kleine, mittlere und große Unternehmen, Gewerbeimmobilien, Immobilienentwicklung, Schiffsfinanzierung, Projektfinanzierung) und 

 

  • Parametern, die von Instituten und Kreditgebern bei der Durchführung der Kredit-würdigkeitsprüfung und Kreditrisikoüberwachung zu berücksichtigen sind (Anhang 3 –Parameter für die Kreditvergabe und Überwachung „Verbraucher, Kleinstunternehmen und kleine, mittlere und große Unternehmen, Immobilienentwicklung, Leveraged Finance, Asset-Based Lending und Projektfinanzierung, Schiffsfinanzierung).

 

IV. Bewertung der EBA-Leitlinien

 

Zur Vermeidung des Anstiegs an Non-Performing-Loans (NPL) trägt die EBA den Kreditinstituten auf, robuste und vorsichtige Standards zu entwickeln, damit Kredite ordnungsgemäß bewertet werden können. Nach umfangreichen Eingaben wurde die 2019er Entwurfsfassung (Konsultationspapier) „überarbeitet und abgemildert“, gleichwohl geben die Leitlinien den Instituten mit einem teilweise hohen Detailierungsgrad strengere Standards vor.

 

Die EBA legt hierbei die Anforderungen zur internen Governance fest und der Kreditentscheidungsprozess der Institute wird wesentlich konkretisiert. Weiterhin greift die EBA den korrekten Umgang mit Unterlagen zur Kreditwürdigkeitsprüfung und vertraulichen Daten auf.

 

In Abschnitt 4 wird die Verantwortung der Geschäftsleitung im Rahmen der Kreditrisiko-Governance und Risikokultur der Kreditinstitute betont. So wird beispielsweise die Definition des Kreditrisikoappetits, die Genehmigung der Kreditrisikostrategie, die Festlegung der Kreditvergaberichtlinien und die Sicherstellung eines hohen Ausbildungsstands und umfassenden Erfahrungshintergrunds der im Kreditgeschäft tätigen Mitarbeiter/innen dargelegt und hervorgehoben.

 

Die EBA hebt weiterhin hervor, dass die Institute die Kreditrisikokultur als Teil der gesamten Unternehmenskultur definieren und die Unternehmenswerte („core values“) in Bezug auf die Kreditrisikokultur als Ordnungsrahmen für Kreditentscheidungen implementieren. Unverzichtbar ist unverändert das Bekenntnis der Geschäftsleitung hierzu und die Sicherstellung der Kreditrisikokultur auf allen Ebenen des Instituts („tone from the top“). Darüber hinaus wird auf die notwendige Einbindung der ESG-Faktoren in die Kreditrisikopolitik und Kreditrisikomanagementstrategie der Institute hingewiesen. Das eigentliche Kreditrisiko ist über den gesamten Lebenszyklus („lifecycle“) der Kreditausleihung zu analysieren und hierüber regulär und transparent an die Geschäftsleitung zu berichten. Abschließend wird auf die hohe Bedeutung der Vergütungsregeln der Institute hingewiesen, die ein vorsichtiges Kreditwachstum unterstützen, eine angemessene Risikoübernahme fördern und im Einklang mit der langfristigen Unternehmensstrategie stehen sollen.

 

Abschnitt 5 der EBA-Leitlinien wurde überarbeitet und legt großen Wert auf die Anforderungen der Kreditwürdigkeitsprüfung der verschiedenen Kreditnehmerarten. Dabei wird nicht lediglich ausgeführt, welche Leistungskennziffern und Bewertungsparameter (wie beispielsweise Einkommen, Vermögen, Verbindlichkeiten, Herkunft des Kapitaldienstes und loan/debt to income ratios) aus Sicht der EBA anzuwenden sind, sondern vielmehr auch explizit dargelegt, welche Detailaspekte hinsichtlich der Analyse der Finanzlage und des Geschäftsmodells sowie der Strategie der Kreditnehmer anzuwenden sind. 

 

Einbezogen hierbei und ausführlich erläutert wird ausdrücklich auch die Bedeutung der Sensitivitätsanalyse bei der Kreditwürdigkeitsprüfung und im Rahmen der Beurteilung der Rückzahlungs- und Kapitaldienstfähigkeit mittlerer und großer Unternehmen unter inversen Bedingungen im Rahmen einzelner „kreditbezogener Ereignisse und Marktereignisse“. Diese Systematik wird auch hinsichtlich der Kreditwürdigkeitsprüfung gewerblicher Immobilienfinanzierungen, von Immobilienentwicklungsprojekten sowie Schiffs- und Projekt- und Infrastrukturfinanzierungen angewandt.

 

Im Rahmen der Bewertung des „Verhältnisses Kundenbonität und Sicherheiten“ führt die EBA mehrfach aus:

 

„Bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers sollten die Institute den Schwerpunkt nicht auf die verfügbaren Sicherheiten legen, sondern auf ein realistisches und stabiles künftiges Einkommen und den künftigen Cashflow. Sicherheiten allein sollten kein Hauptkriterium für die Bewilligung eines Darlehens darstellen und rechtfertigen nicht die Genehmigung von Darlehensverträgen. Sie sollten als zweiter Ausweg („second way out“) des Instituts bei einem Ausfall oder einer wesentlichen Verschlechterung des Risikoprofils betrachtet werden und nicht als primäre Rückzahlungsquelle, außer, der Darlehensvertrag sieht vor, dass die Rückzahlung des Darlehens auf der Grundlage der Veräußerung der als Sicherheit gestellten Vermögenswerte oder liquider Sicherheiten erfolgt.“

 

Im Abschnitt 6 der Preisbildung weist die EBA im Rahmen der institutseigenen Governance-Strukturen erneut auf die hohe Bedeutung der Implementierung eines umfassenden Rahmens hinsichtlich der Kreditbepreisung und die Notwendigkeit der Abwägung und Berücksichtigung aller relevanten Kosten in der Preissetzung hin. Jedoch sind hierbei auch die Kriterien „Wettbewerbs- und Marktbedingungen“ in Bezug auf Kreditsegmente und Kreditprodukte einzubeziehen.

 

Abschließend sind zum Zwecke der Bepreisung und Messung der Rentabilität, einschließlich Querfinanzierung zwischen Darlehen und Unternehmenseinheiten/Geschäftsfeldern, risikoadjustierte Leistungsindikatoren (wie beispielsweise EVA, RORAC, RAROC, RORWA und ROTA) in einer Weise anzuwenden, die der Größe, Art und Komplexität des Darlehens und dem Risikoprofil des Kreditnehmers angemessen sind.     

 

Die Anforderungen gemäß Abschnitt 7 zur Sicherheitenbewertung gehen über die Regelungen der MaRisk hinaus und legen detailliert dar, welchen Inhalt der Bewertungsbericht am Ende des Bewertungsverfahrens zum Zeitpunkt der Kreditvergabe („point of origination“) und gleichfalls bei der Überwachung und Neubewertung der Sicherheiten aufweisen sollte. Einzug erhält weiterhin die Kennzahl des „LTV – Loan-to-Value“. Die Unabhängigkeitsanforderungen an die involvierten Sachverständigen sind unverändert hoch und die Institute legen individuell eine angemessene Rotation der Sachverständigen fest. 

 

Im Rahmen des Abschnitts 8 führt die EBA aus:

 

„Die Institute sollten über ein stabiles und wirksames Überwachungssystem verfügen, das durch eine angemessene Dateninfrastruktur unterstützt wird, um sicherzustellen, dass die Informationen über ihre eingegangenen Kreditrisiken, Kreditnehmer und Sicherheiten relevant und aktuell sowie die externen Meldungen zuverlässig, vollständig, aktuell und zeitnah sind.“

 

„Das Überwachungssystem sollte die Institute in die Lage versetzen, ihre eingegangenen Kreditrisiken im Einklang mit ihrem Kreditrisikoappetit, ihrer Kreditrisikostrategie, ihren Strategien und Verfahren auf Portfolioebene und, sofern relevant und wesentlich, auf der Ebene einzelner Risikopositionen zu steuern und zu überwachen.“

 

Als maßgeblich führt die EBA aus, dass auch die Einhaltung von vereinbarten „Zusatzklauseln“ als Frühwarninstrumente genutzt werden, um die Position des Instituts gegenüber den Kreditnehmern und anderen beteiligten Gläubigern zu schützen. Hierzu gehören auch „finanzielle Zusatzklauseln“ (Financial Covenants) und die Einbindung anderweitiger Frühwarnindikatoren sowie die Krisenprävention und Kontrolle der Kreditrisiken mittels „Watchlisten“.

 

 

V. Versuch eines ersten „Zwischenfazits“ aus den EBA-Leitlinien:

 

Nicht alle in den EBA-Leitlinien detailliert definierten Regelungen sind neu. Die EBA-Leitlinien zeigen viele Regelungen und Anforderungen, die deutsche Kreditinstitute aus den MaRisk bereits kennen, so beispielsweise die Grundsätze der Kreditvergabe und -Überwachung, jedoch sind diese nicht mit dem in den EBA-Leitlinien dargestellten Detaillierungsgrad vergleichbar.

 

Die EBA-Leitlinien weisen jedoch andererseits auch Einschränkungen wertvoller MaRisk-Spielräume für gelebte und effiziente Kreditprozesse der Institute auf, so die Nichterwähnung des „Ein-Voten-Verfahrens“. Die berechtigte Frage an dieser Stelle ist, ob diese Beschränkungen in die MaRisk aufgenommen werden.

 

Die EBA-Vorgaben der Preisgestaltung sind detaillierter als in den MaRisk geregelt und die erforderliche qualitativ hochwertige Bewertung Kreditsicherheiten wird hervorgehoben. Die EBA greift den Grundgedanken der „Proportionalität“ auf, jedoch sind detaillierte Möglichkeiten zur Nutzung der Öffnungsklauseln (analog der MaRisk) nicht konkret definiert. Andererseits sollte eine Geschäftsmodell- und risikoadjustierte Umsetzbarkeit der EBA-Leitlinien in den Instituten gleichfalls im Interesse der EBA sein.

 

Im Rahmen der EBA-Leitlinien liegt (richtigerweise) ein starker Fokus auf der Thematik „Governance“ in Bezug auf Kreditgewährung und Überwachung. Zentraler Aspekt hierbei ist die zukunftsgerichtete Kapitaldienstfähigkeit mit hohen Anforderungen an die Sensitivitäts- und Szenarioanalysen, welche erfahrungsgemäß durchaus „Entwicklungspotential“ im Rahmen der üblichen Kreditwürdigkeitsanalyse der Institute aufweist.   

 

Während die beschriebenen Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung der verschiedenen Kreditnehmerarten bereits heute großteils gelebte Standards der Institute sind, muss den Instituten insbesondere im Zuge der Covid-19 Pandemie daran gelegen sein, ein angemessenes Kreditrisikomanagement und sachgerechte Überwachungsstandards weiter zu führen bzw. diese zu optimieren. In diesem Zusammenhang betonen die Leitlinien das Thema Datenintegrität. Hierzu ist absehbar, dass künftig weitere (erhebliche) Optimierungen in den Instituten erforderlich sein werden, um jederzeit die notwendigen und korrekten Daten zeitnah ohne manuelle Prozesse im Rahmen von zukünftigen Stresstestszenarien zur Verfügung stellen zu können. 

 

Erleichternd wird die Anwendung von statistischen Modellen im Rahmen der Immobilienbewertung wirken, unter der Prämisse der validen und transparenten Weiterentwicklung der Bewertungsmodelle, welche effizientere Prozesse in den Instituten ermöglichen können. 

 

Die EBA-Leitlinien treten für die Vergabe von Neukrediten mit dem 30.06.2021 in Kraft. Die nachfolgenden erleichternden Übergangsbestimmungen sind zu berücksichtigen:

 

Für Vertragsanpassungen bereits ausgezahlter Kredite gelten die Richtlinien ab 30.06.2022 und eventuelle Lücken im Datenhaushalt sowie der Infrastruktur der Kreditüberwachung müssen bis zum 30.06.2024 behoben werden.  Die EBA betont, dass ein effektives Risikomanagement schon vor diesem Zeitpunkt eingerichtet sein muss.

 

PRAXISTIPPS:

 

  • Empfehlenswert erscheint, dass die Institute eine Prüfung der Instituts-Kreditprozesse dahingehend vornehmen, welche Anforderungen noch nicht erfüllt sind, um für die interne Umsetzung der EBA-Leitlinien gewappnet zu sein. Dies gilt insbesondere auch für die Anforderungen hinsichtlich Thematik „ESG-Risiken/Nachhaltigkeit“.
  • Im Falle einer NPL-Quote (Bruttobuchwert notleidender Kredite im Verhältnis Bruttobuchwert gesamter Kredite) von nahe oder über fünf Prozent ist eine Überprüfung der institutseigenen Kreditprozesse und ein zeitnaher Abgleich mit den EBA-Leitlinien anzuraten, da diese Institute sich auf erhöhte Anforderungen an Kreditprozesse einstellen müssen.
  • Anzuraten ist weiterhin, dass die Institute die kundensegmentspezifischen Frühwarnindikatoren (EWI Early Warning Indicators) sowie die Schlüssel-Risikoindikatoren (KRI Key Risk Indicators) identifizieren, weiterentwickeln sowie diese gleichfalls über den Lebenszyklus der Darlehensvergabe auswerten und regelmäßigen Stresstests unterwerfen, um zukünftige potenzielle negative Effekte auf die Risikolage und Geschäftsentwicklung zu antizipieren.

 


[1] European Banking Authority,

EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) vom 29.05.2020

      KPMG.

EBA draft Guidelines on loan origination and monitoring (The ECB and EBA´s growing scrutiny on credit standards) – October 2019.

 


Beitragsnummer: 9432

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