Mittwoch, 7. Oktober 2020

Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch die Interne Revision

Ansätze zur praxisnahen Umsetzung

Andreas Freßmann, Leiter Revision, Volksbank Beckum-Lippstadt eG

 

Wirtschaftlicher Hintergrund 

Im Aufgabenspektrum der Internen Revision ist u. a. vor dem Hintergrund des anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfelds für Bankgeschäfte, der hohen Wettbewerbsdynamik und des stetig voranschreitenden Digitalisierungsgrads der Bankprozesse eine deutliche Schwerpunktverlagerung feststellbar. Die aufgezählten Rahmenbedingungen verlangen noch stärker als zuvor die Hinwendung der Internen Revision zu Prüfungen der Wirtschaftlichkeit. Deshalb darf die Unternehmensleitung von der Internen Revision einen zielgerichteten Beitrag zur Verbesserung der nachhaltigen Wirtschaftlichkeit der Bank erwarten. Dem muss sich die Interne Revision bei der Gewichtung ihrer Prüfungsziele stellen. Neben das Ziel der Ordnungsmäßigkeit tritt gleichrangig das Ziel der nachhaltigen Wirtschaftlichkeit. Nicht zuletzt auch die MaRisk fordern in AT 7 implizit einen effektiven Ressourceneinsatz. 



Bedeutung der individuellen strategischen Ausrichtung der Bank für die prüferische Umsetzung

Die fundamentale Determinante für die Wahl des Ansatzes zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit ist, insbesondere bei verbundzugehörigen Instituten, die strategische Ausrichtung der Bank hinsichtlich der Standardisierung bzw. Individualisierung ihrer Prozesslandschaft. Hier muss sich die Revision eingangs Klarheit verschaffen: Zwischen den beiden Polen einer weitestgehenden Standardisierungsstrategie (durch maximale Ausrichtung an Verbundstandards) einerseits und einer „mehrwertorientierten Individualisierungsstrategie” andererseits, gilt es sich für die einzelne Geschäftsbank strategisch ggfs. differenziert und gut begründet zu verorten. Von dieser elementaren strategischen Festlegung hängt die Stoßrichtung der weiteren prüferischen Umsetzung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen ab. Während der vereinfachte Prüfungsfokus im Extremfall in erster Linie auf Kostenminimierung liegt, ist es im anderen Fall das optimierte Verhältnis von nachweisbar zurechenbarem Mehrertrag und individualisierungsbedingt höheren Kosten. 


Seminartipp

Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch die Interne Revision, 02.12.2020, Online-Veranstaltung per Zoom. 


Ausgehend vom Ergebnis dieser fundamentalen Ausgangserhebung leitet sich dann folgerichtig die Prüfstrategie in den weiteren Prüffeldern Aufbauorganisation, Ablauforganisation/schriftlich fixierte Ordnung, Qualität des internen Kontrollsystems, Kontrollhandlungen und prüffeldspezifisches Risikomanagementsystem ab.

Im Fall der strikten Ausrichtung auf standardisierte Prozesse gilt es, überwiegend in Funktionsprüfungen, den Ist-Zustand in der Bank mit dem verbundseitig vorgegebenen Standardprozessen abzugleichen, Abweichungen zu identifizieren und auf speziell diese auf Notwendigkeit bzw. Effizienz hin zu überprüfen. Im diametral entgegengesetzten Fall der „mehrwertorientierten Individualisierungsstrategie” ist eine erheblich anspruchsvollere Kombination aus Aufbau- und Funktionsprüfungen angezeigt, um abschließend ein fundiertes Urteil über die Wirtschaftlichkeit dieser Vorgehensweise im Prüffeld abgeben zu können. Die Anforderungen an fachliche Qualifikation im Prüffeld und betriebswirtschaftliches Know-how auf Prüferebene sind hier ungleich höher.


Filmtipp

Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsaspekten bei Systemprüfungen.


In der Praxis des Bankalltags werden die zuvor beschriebenen strategischen Ansätze der einzelnen Häuser nicht in Reinkultur, sondern themenfeldbezogen in verschiedenen Zwischenvarianten anzutreffen sein. Auch hier gilt es je nach Prüffeld eine individuell aus der zugehörigen Teilstrategie der Bank abgeleitete prüferische Vorgehensweise festzulegen. 

Im Bankbetrieb stellen Benchmarks hierfür Orientierungs- oder Zielgrößen dar, die eine objektive Bewertung der eigenen Leistung im Vergleich zu anderen Instituten ermöglichen. Im Rahmen des Benchmarkings werden aber eben nicht nur Kennzahlen miteinander verglichen, sondern insbesondere die praktizierte Vorgehensweise zur Erreichung der Benchmarks ergründet. Dabei sollen beste Praktiken entdeckt und nachvollzogen werden, um dadurch nachhaltige Verbesserungen im eigenen Unternehmen zu erlangen. Hierbei werden durchaus auch Unternehmen außerhalb der eigenen Branche betrachtet, die bestimmte Prozesse oder Funktionen hervorragend beherrschen. Gerade im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen spielt der unternehmensübergreifende Erfahrungsaustausch in den hierfür einschlägigen Formaten im Vorfeld der Formulierung eines fundierten Prüfungsurteils eine nicht zu unterschätzende Rolle.

 

PRAXISTIPPS

  • Fundamentale Determinante für die Wahl des Ansatzes zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ist die strategische Ausrichtung der Bank (Standardisierung vs. Individualisierung).
  • Prüfungsfokus liegt vereinfacht im einen Extremfall auf Kostenminimierung, im anderen Extremfall auf dem optimalen Verhältnis von nachweisbar zurechenbarem Mehrertrag und individualisierungsbedingt höheren Kosten. 
  • Dieses Grundkalkül kann auf die weiteren Prüfungsfelder (Aufbauorganisation, Ablauforganisation/schriftlich fixierte Ordnung, Qualität des internen Kontrollsystems, Kontrollhandlungen und spezifisches Risikomanagementsystem) übertragen werden.
  • In der Praxis sind häufig „strategische Mischvarianten” feststellbar. Gerade zur Know-how-Erlangung hinsichtlich von best-practice-Ansätzen ist der unternehmensübergreifende Erfahrungsaustausch in den hierfür einschlägigen Formaten im Vorfeld der Formulierung eines fundierten Prüfungsurteils von großer Bedeutung.

Beitragsnummer: 10774

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