Montag, 9. November 2020

Überprüfung risikobehafteter Engagements im Rahmen der EWB-Prüfung

Quantifizierung von Ausfallpotentialen in der aktuellen Corona-Krise.

Andreas Gertz, Kreditrevisor, Abt. Kreditrevision, Sparkasse Essen


 

Im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit untersucht die Innenrevision regelmäßig Engagements, die erhöhte Ausfallrisiken ausweisen, bislang aber nicht wertberichtigt sind. Ziel dieser Prüfung ist die Quantifizierung von Ausfallpotentialen. Insbesondere in den aktuellen – durch die Corona-Pandemie geprägten – Zeiten ist dies wichtiger denn je.

 

Zu den einer Prüfung zugeführten Engagements gehörten in der Vergangenheit regelmäßig:

 

  • Sanierungs- und Intensivbetreuungsfälle, deren wirtschaftlicher Blankoanteil einen vorher definierten Betrag überschreitet,
  • Engagements, die durch eine ggf. durchgeführte externe Prüfung als erhöht risikobehaftet eingeschätzt worden sind, 
  • Engagements mit weit unterdurchschnittlichen Ratings in Verbindung mit einem vorher festgelegten (Mindest-)Obligo oder Blankorisiko sowie alle
  • Engagements mit individueller Risikoeinschätzung durch Betreuer oder Marktfolge.

 

In Corona-Zeiten könnten schwerpunktmäßig weitere Engagements untersucht werden:

 

  • Engagements, die durch die Corona-Krise belastet sind, bei denen eine Kreditausweitung allerdings nicht möglich oder vertretbar war,
  • Engagements aus bestimmten, von der Corona-Krise in besonderem Maße betroffenen Branchen (z. B. Gastronomie, Hotelgewerbe, Messebau, Eventagenturen, Reisebüros),
  • Engagements mit fehlender rechnerischer Kapitaldienstfähigkeit, deren Liquiditätssituation durch Inanspruchnahme öffentlicher Mittel aktuell (noch) entspannt erscheint.


Seminartipps


 

Zur Quantifizierung des EWB-Potentials empfiehlt sich die möglichst weitgehende Überprüfung der selektierten Engagements.

 

Für die Ermittlung einer ggf. erforderlichen EWB ist zunächst das aktuelle Obligo heranzuziehen. Ob hierbei auf den Einzelkunden, die Gruppe verbundener Kunden oder auf den Betreuungsverbund abgestellt wird, ist im Einzelfall zu entscheiden.

 

Im Anschluss ist die Besicherung zu untersuchen. Die Bewertung der Sicherheiten hat hierbei nach den voraussichtlichen realisierbaren Verwertungserlösen zu erfolgen. Sofern die Sicherheitenbewertungen nicht aktuell sind, ist die kurzfristige Anpassung der Sicherheitenwerte auf Basis aktueller Wertgutachten (z. B. bei Immobilien) oder Expertenschätzungen (z. B. bei Sicherungsübereignungen) erforderlich.

 

Die zu bildende EWB wird im Regelfall die Differenz zwischen den aktuellen Inanspruchnahmen und dem aggregierten Realisationswert aller Sicherheiten sein. Von diesem Regelfall ist abzuweichen, sofern wahrscheinlich ist, dass der Kunde noch Tilgungsanteile erbringen kann. 

 

Auch die Existenz eines Guthabenkontos kann zu einem geringeren EWB-Ansatz führen. Bei Eventualverbindlichkeiten (Avale, ungekündigte – nicht in Anspruch genommene – Kreditlinien) erscheinen andere Ansätze erforderlich. Hier ist u. a. auf die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme abzustellen.

 

PRAXISTIPPS

 

  • Eine EWB-Prüfung sollte auch die Untersuchung erhöht risikobehafteter, aber noch nicht wertberichtigter Engagements erfassen. So besteht die Möglichkeit, weiteres Wertberichtigungspotential festzustellen.
  • Die Prüfungsansätze sind aufgrund der Corona-Krise deutlich weiter zu fassen.
  • Die Prüfung auf Bildung einer EWB ist stets vor Erstellung des Jahresabschlusses vorzunehmen.

 

 

 


Beitragsnummer: 12977

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