Mittwoch, 13. Januar 2021

Keine Haftung der BaFin gegenüber Anlegern bei Kauf von Containern

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

 

In seiner mit der Nichtzulassungsbeschwerde, Az. III ZR 41/20, angegriffenen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 06.02.2020, Az. 1 U 83/19, entschieden  (BKR 2020, 597 = WM 2020, 2338),  dass die BaFin gegenüber solchen Anlegern, die ihr Geld zum Erwerb von Containern investiert haben, selbst dann weder nach nationalen Amtshaftungsgrundsätzen gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG noch nach den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch haftet, wenn die BaFin ihre Pflichten nach § 4 Abs. 4 FinDAG verletzt haben sollte. Zur Begründung führt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main aus, dass die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nach § 4 Abs. 4 FinDAG ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnehme, sodass Ansprüche einzelner Anleger wegen behaupteter Pflichtverletzungen der BaFin mangels individualschützenden Charakters der Norm des § 4 FinDAG ausgeschlossen sind (Rn. 28-35). In diesem Zusammenhang hält das Oberlandesgericht Frankfurt unter anderem auch fest, dass die durch das Kleinanlegerschutzgesetz mit Wirkung zum 10.07.2015 eingeführte Norm des § 4 Abs. 1a FinDAG keinen Anlass für eine abweichende Bewertung gibt. Dies deshalb, weil auch § 4 Abs. 1a FinDAG keinen individuellen Schutz Dritter i. S. d. Kapitalanleger bezweckt oder begründet (Rn. 34).

 

SEMINARTIPPS

(Neue) Haftungsrisiken im Wertpapiergeschäft: Anleihen und Zertifikate, 03.05.2021, Zoom.

Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 14.–15.06.2021, Hamburg.

 

Hieran anschließend führt das Oberlandesgericht Frankfurt aus, dass die Erwerber von Containern etwaige Haftungsansprüche gegenüber der BaFin auch nicht auf eine fehlerhafte Zulassung der Vermögensanlage oder auf eine vermeintlich fehlerhafte Billigung des Verkaufsprospektes stützen könnten. Dies deshalb, weil auch diesen Pflichten kein individueller drittschützender Charakter zukommt (Rn. 36 f.).

 

Hiervon unabhängig hält das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass Amtshaftungsansprüche gegenüber der BaFin auch deswegen nicht bestehen, weil die Emittentin der Container bereits kein unerlaubtes Bankgeschäft i. S. v. § 32 KWG betrieben hat, weswegen auch ein aufsichtsrechtliches Einschreiten der BaFin nicht geboten war und damit auch keine Pflichtverletzung der BaFin vorliegt. Dies deshalb, weil nach den vertraglichen Vereinbarungen ein unbedingter vertraglicher Rückzahlungsanspruch des Kapitalanlegers nicht bestand, entsprechendes jedoch sowohl nach der nationalen Norm des § 32 KWG als auch nach der europäischen Regelung des Art. 9 Abs. 1 RL 2013/36/EU zwingend für die Annahme eines Einlagegeschäfts i. S. d. Normen erforderlich sei (vgl. Rn. 22-27 und Rn. 41-43).

 

BUCHTIPP

Ellenberger/Clouth (Hrsg.): Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft 5. Aufl. 2018.

 

Abschließend hält das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass unabhängig davon, dass ein Verstoß gegen die Richtlinie 2013/36/EU nicht vorliegt, ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch schon deswegen ausscheidet, weil die Bestimmungen des europäischen Bankenaufsichtsrechts ebenfalls keine subjektiven Rechtspositionen des einzelnen Kunden und Kapitalanlegers begründen, dieser somit aus der Richtlinie keinerlei subjektive Rechte herzuleiten vermag.

 

PRAXISTIPP:

 

Nachdem sowohl der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.01.2005, Az. III ZR 48/01 (vgl. hierzu die Anm. von Jaskullar, BKR 2005, 231) als auch der EuGH (BKR 2005, 29 = WM 2005, 365) bereits entschieden hatten, dass weder § 4 FinDAG noch die entsprechenden europäischen Normen drittschützende Wirkung entfalten, die BaFin vielmehr ihre Aufgaben nach § 4 Abs. 4 FinDAG ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt und daher Ansprüche einzelner Kapitalanleger aus Amtshaftung wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der BaFin ausgeschlossen sind, vermag die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt nicht zu überraschen. 

 

Etwas anderes dürfte allerdings dann gelten, wenn die BaFin ihre gegenüber den beaufsichtigten Kreditinstituten eingeräumten Eingriffsbefugnisse, z. B. nach § 4 Abs. 1a FinDAG, verletzt (so OLG Frankfurt, Rn. 31 u.H.a. BGH, Urteil v. 20.01.2005, a.a.O.). Hier dürfte eine Amtshaftung der BaFin bei Pflichtverletzungen durchaus in Betracht kommen.

 


Beitragsnummer: 15012

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Nachhaltigkeit in der Finanzbranche bzw. Anlageberatung

Der nachfolgende Artikel zeigt auf, vor welchen rechtlichen Herausforderungen und Anforderungen die Finanzinstitute bei dem Thema Nachhaltigkeit stehen.

30.11.2023

Beitragsicon
Prospektqualität eines Informationsblattes

In der BGH-Entscheidung vom 14.11.2023, XI ZB 2/21 geht es u.a. um die spezialgesetzlichen Prospekthaftung sowie um das Erfordernis eines Prospektnachtrages.

21.03.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.