Donnerstag, 18. Februar 2021

OLG Stuttgart zum „Kaskadenverweis“

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

Das OLG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 22.12.2020 – 6 U 212/19 – im Anschluss an das Urteil des BGH vom 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – nochmals klargestellt, dass die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 26.03.2020 – C-66/19) zum „Kaskadenverweis“ auf grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen keine Anwendung findet. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.10.2020 seine bisherige Rechtsauffassung zur Wirksamkeit des „Kaskadenverweis“ aufgegeben hat, erfolgt dies ausdrücklich nur im Hinblick auf Allgemein-Verbraucherdarlehen, welche der Verbraucherkreditrichtlinie unterfallen, und nur, soweit die Gesetzlichkeitsfiktion nicht eingreift. Immobiliar-Verbraucherdarlehen hingegen unterfallen der Verbraucherkreditrichtlinie nicht und sind damit allein der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterworfen.

 

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Das Oberlandesgericht Stuttgart hält in seinem Urteil weiter fest, dass ein von der Bank in der Widerrufsinformation vorgesehener Leerkasten zu „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“, in welchen im konkreten Fall keine Eintragung vorgenommen wurde, die Wirksamkeit der erteilten Widerrufsinformation nicht beeinträchtigt. Insbesondere handelt es sich dabei nach Auffassung des OLG nicht um eine nach der seit dem 11.06.2010 gültigen Rechtslage möglicherweise unzulässige Sammelbelehrung, da die Bank selbst durch das Ausfüllen des Leerkastens kenntlich macht, ob und gegebenenfalls auf welchen Vertrag die erteilten Hinweise Anwendung finden sollen. Findet sich in dem Leerkasten dagegen keine Eintragung, ist für den verständigen Verbraucher, ohne dass diesbezüglich Unsicherheiten in der Bewertung bestehen würden, klar ersichtlich, dass die entsprechenden Hinweise für ihn nicht von Relevanz sind. Insofern weist das OLG darauf hin, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.05.2018 – XI ZR 692/17 – die gegen ein gleichlautendes Urteil des Gerichts eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat.

 

PRAXISTIPP:

 

Von Seiten vieler Verbraucheranwälte wird derzeit versucht, auf Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – den Eindruck zu erwecken, dass der Bundesgerichtshof im Hinblick auf die Wirksamkeit des „Kaskadenverweis“ nunmehr doch dem Europäischen Gerichtshof folge. Dass dem nicht so ist, ordnet das OLG Stuttgart in dem gegenständlichen Urteil vollkommen zutreffend ein. Lediglich dann, wenn kein Immobiliar-Verbraucherdarlehen betroffen ist und zudem auch die Gesetzlichkeitsfiktion zugunsten der Bank nicht eingreift, findet die Rechtsprechung des EuGH Anwendung.

 

Auch im Hinblick auf den durch manche Institutsgruppen zeitweise verwendeten Leerkasten zu „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ nimmt das OLG Stuttgart nochmals eine wichtige Klarstellung vor. Denn auch insofern wird von Verbraucherseite in jüngster Zeit versucht, die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 27.10.2020 dahingehend auszudehnen, dass ein solcher Hinweis nur zulässig sei, wenn tatsächlich zusammenhängende Verträge vorliegen. Das ist indes nicht richtig. Denn der Bundesgerichtshof hatte über eine Konstellation zu entscheiden, in welcher in der Widerrufsinformation ein tatsächlich gar nicht abgeschlossener Vertrag (Restkreditversicherung) als zusammenhängender Vertrag benannt wurde. Die hier vom OLG Stuttgart entschiedene Konstellation ist eine völlig andere, denn wenn in der Widerrufsinformation kein zusammenhängender Vertrag benannt ist, kann insofern beim Verbraucher auch kein Missverständnis entstehen. 

 


Beitragsnummer: 17070

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