Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In einem Fall, in dem das Kreditinstitut bei einer Kündigung eines Girokontos aus wichtigem Grund sowohl die Kündigung als auch den ausstehenden Betrag an die Schufa gemeldet hatte, gelangt das Landgericht Lüneburg in seinem Urteil vom 14.07.2020, Az. 9 O 145/19 (BKR 2021, 306), zum Ergebnis, dass die Schufa-Meldung wegen Verstoß gegen Art. 6 DSGVO in Verbindung mit § 31 Abs. 2 BDSG rechtswidrig ist, weswegen dem Kläger sowohl ein Anspruch auf Widerruf der veranlassten Datenübermittlung an die Schufa gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1b DSGVO zugesprochen wurde als auch ein Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens in Gestalt eines Schmerzensgeldes, den das Gericht für den konkreten Fall mit 1.000,00 € geschätzt hat.
Dabei beurteilt das Landgericht Lüneburg die Rechtmäßigkeit der Schufa-Meldung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 f. sowie Abs. 4 DSGVO, wonach für die Übermittlung von Daten die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses erforderlich ist, sowie die Vornahme einer Abwägung dahingehend, ob die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person die Interessen des Datenverwenders im Einzelfall überwiegen. In diesem Zusammenhang geht das Landgericht Lüneburg davon aus, dass die Frage, wann von einem berechtigten Interesse auszugehen ist und welche Kriterien bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen noch zu berücksichtigen sind, allein nach § 31 Ab. 2 BDSG zu beantworten ist.
Nachdem die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG im konkreten Fall nicht erfüllt waren, bejahte das Landgericht ohne weitere Prüfung die Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung.
Was wiederum den Anspruch auf Schmerzensgeld anbelangt, so vertritt das Landgericht Lüneburg die Rechtsauffassung, dass die in der bisherigen deutschen Rechtsprechung für die Gewährung von Schmerzensgeld geforderte Voraussetzung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung bei Ansprüchen nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht zum Tragen kommt, weswegen das Gericht dem Kläger auch ein Schmerzensgeld auch bei einer unwesentlichen Beeinträchtigung zuspricht.
In prozessualer Hinsicht ist noch festzuhalten, dass der Kreditnehmer bestritten hatte, ein Mahnschreiben des die Kündigung aussprechenden Kreditinstituts im Vorfeld erhalten zu haben. In diesem Zusammenhang konnte sich das Landgericht Lüneburg nicht der Rechtsauffassung des Landgerichts Bonn im Urteil vom 23.10.2019, Az. 1 O 322/19, anschließen, welches im dort entschiedenen konkreten Fall bei einem automatisierten Verfahren von einem tatsächlichen Versand ausgegangen ist, bei welchem aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung die Annahme gerechtfertigt ist, anzunehmen, dass der Empfänger die Mahnung auch tatsächlich erhalten habe (kritisch zur Entscheidung vgl. Feller/Britz, BKR 2021, 309 ff.).
PRAXISTIPP
Die Entscheidung des Landgerichts Lüneburg macht deutlich, mit welcher Leichtigkeit die Gerichte Schufa-Meldungen bei gekündigten Girokonten und Darlehensverträgen anzunehmen bereit sind. Dies obwohl erhebliche Bedenken dagegen bestehen, bei Fehlen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 BDSG die Rechtswidrigkeit der Schufa-Meldung ohne weitere Prüfung anzunehmen (vgl. hierzu Feller/Britz, BKR 2021, 309 f.). Insofern bleibt zu hoffen, dass die Gerichte ungeachtet des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 BDSG eine umfassende Abwägung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vornehmen. Denn hätte dies auch das Landgericht Lüneburg getan, dann hätte es erhebliche Zweifel an der Rechtswidrigkeit der Schufa-Meldung bekommen.
Beitragsnummer: 21698