Montag, 16. September 2019

Anforderungen an Werbung mit „kostenlosem Girokonto“

Werbung mit „kostenlosem Girokonto“ bedingt die kostenlose Zurverfügungstellung einer Bankkarte.

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinem Urt. v. 07.12.2018, Az. 38 O 84/18, hatte das Landgericht Düsseldorf darüber zu urteilen, ob mit der Werbung und Bezeichnung eines Kontos als „kostenloses Girokonto“ eine irreführende und zu unterlassende geschäftliche Handlung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG insofern gesehen werden kann, als das betroffene Institut trotz der entsprechenden Werbung für die Bereitstellung einer Debitkarte ein jährliches Entgelt von € 9,50 verlangte. Zunächst führt das Gericht aus, dass es für die Beantwortung dieser Frage auf das mutmaßliche Verständnis eines normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers ankomme, der einer geschäftlichen Handlung, die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. In diesem Zusammenhang führt das Gericht weiterhin aus, dass der Begriff des Durchschnittsverbrauchers nicht auf statistischen, sondern auf normativen Maßstäben beruht und einen fiktiven typischen Verbraucher bezeichnet, dessen mutmaßliche Reaktion von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist, wobei dies unabhängig davon gilt, ob die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen.

SEMINARTIPPS

Bessere Preise & Entgelte im Privat-/Firmenkundengeschäft, 20.11.2019, Frankfurt/M.

Entgelte & Gebühren, 25.11.2019, Köln.

(Un)Zulässige Bankentgelte, 24.11.2020, Frankfurt/M.


Hiervon ausgehend gelangt das Gericht zum Ergebnis, dass die Darstellung des beklagten Instituts, es handele sich bei dem angebotenen Konto um ein kostenloses Girokonto, bei dem entsprechenden Verbraucher den Eindruck hervorrufe, man könne sämtliche beworbenen Leistungen kostenfrei in Anspruch nehmen und erhalte demgemäß eine hierfür benötigte Bankkarte ohne gesonderte Bepreisung.

PRAXISTIPP

Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf zeigt einmal mehr, dass eine Klausel oder eine Werbung von Gerichten mehr oder weniger willkürlich ergebnisorientiert ausgelegt werden kann. Denn für einen durchschnittlichen Verbraucher dürfte offenkundig sein, dass die Zurverfügungstellung einer Bankkarte mit ihren vollumfänglichen Funktionen auch bei einem als kostenlos beworbenen Girokonto entgeltpflichtig ist und von der Bank nicht ebenfalls kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Dies unabhängig davon, dass man heutzutage eine entsprechende Bankkarte benötigt, um an Geldautomaten unter Verwendung einer PIN Bargeld abzuheben. Denn diese Bargeldabhebung an Geldautomaten mittels einer Bankkarte wird in der Bewerbung des Girokontos als kostenloses Girokonto nicht ohne weiteres miteinbezogen.




Beitragsnummer: 3223

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Wirksamkeit von Verwahrentgelten auf Girokonten

OLG Düsseldorf sieht in der Vereinbarung von Verwahrentgelten eine AGB-rechtlich nicht überprüfbare Hauptpreisabrede.

22.05.2023

Beitragsicon
Risiken unautorisierter Telefonwerbung

Auslegungshinweise § 7a UWG u. Art. 7 DSGVO vs. Praxis, Kontrollen intensivieren, Systeme & Prozesse optimieren, Feststellungen und Bußgelder vermeiden!

17.11.2023

Beitragsicon
BGH: Rolle rückwärts bei Widerruf von Allgemein-Verbraucherdarlehen

Der BGH entschied aktuell, dass ein Kreditnehmer kein fortdauerndes Widerrufsrecht hat, auch wenn die erteilte Angabe einer Klauselkontrolle nicht standhalte.

21.03.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.