Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner
In seiner Entscheidung vom 17.09.2019, Az. 6 U 110/18, gelangt das Oberlandesgericht Stuttgart zwar zum Ergebnis, dass dem Darlehensnehmer nach Widerruf ein Anspruch auf Rückzahlung der Bereitstellungszinsen nach wirksam erklärtem Widerruf zusteht. Allerdings ist das Oberlandesgericht Stuttgart zugleich der Rechtsauffassung, dass dem beklagten Darlehensgeber ein Anspruch auf Wertersatz gem. § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB in gleicher Höhe zusteht, mit welchem das kreditgebende Institut gegen den Anspruch des Darlehensnehmers gem. §§ 387, 389 BGB aufrechnen könne. Dies deshalb, weil die dem Darlehensnehmer von seiner Bank gegen Zahlung von Bereitstellungszinsen vertraglich eingeräumte Möglichkeit, von der Bank jederzeit die Auszahlung der Darlehensmittel zu den vereinbarten Konditionen zu verlangen, eine Leistung i. S. v. § 346 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, mit der Folge, dass der Darlehensnehmer für diese Leistung Wertersatz zu bezahlen hat. Hierfür sei es nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart unerheblich, ob und wie das finanzierende Institut sich refinanziert hat.
SEMINARTIPP
VerbraucherKreditRecht 2020, 20.04.2020, Würzburg.
INHOUSETIPP
Aktuelle Praxisfragen WKR.
PRAXISTIPP
Die vom Oberlandesgericht Stuttgart vertretene Rechtsauffassung ist überzeugend. Denn schon die Einräumung eines jederzeit abzurufenden Darlehenskapitals zu den im Vertrag fest vereinbarten Zins- und Rückzahlungsbedingungen stellt eine nach Marktgrundsätzen geldwerte Option für den Darlehensnehmer und damit eine vertraglich vereinbarte Leistung des finanzierenden Kreditinstituts dar, für die eine Gegenleistung in Form der Zahlung der jeweiligen zeitabhängigen Bereitstellungsprovisionen vereinbart wurde, welche in der Regel niedriger sind, als die nach Valutierung fälligen Zinsen.
BUCHTIPP
Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.
Beitragsnummer: 4884