Kein Kontrahierungszwang für Sparkassen bei in Krisengebieten aktivem Verein
Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner
In seinem Urt. v. 23.10.2019, Az. 20 K 6668/18, hält das Verwaltungsgericht Düsseldorf fest, dass ein eingetragener Verein, der satzungsmäßig in Krisengebieten wie Syrien und Afghanistan tätig wird, keinen Anspruch gegenüber der Stadtsparkasse auf Eröffnung eines Girokontos hat. Dies ergebe sich nach Auffassung des Gerichts bereits daraus, dass der in § 5 Abs. 2 SparkG normierte Kontrahierungszwang nur zugunsten natürlicher Personen greift und nicht auch zugunsten eingetragener Vereine oder sonstiger juristischer Personen. Sodann führt das Gericht aus, dass sich für den eingetragenen Verein auch aus § 2 Abs. 2 SparkG kein subjektives Recht auf Eröffnung eines Girokontos ergibt. Denn diese Norm enthalte lediglich Regelungen zum öffentlichen Auftrag der Sparkasse. Auch aus § 2 Abs. 2 SparkG i. V. m. Art. 9 Abs. 1 GG folgt nach Auffassung des Gerichts kein Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos. Denn die Führung eines Girokontos falle nicht unter den sachlichen Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG. Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleiste nämlich (lediglich) die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen sowie vereinigungsspezifische Betätigungen auszuüben, die sich auf die Vereinsorganisation als solche beziehen. Insofern führe dieser auf vereinigungsspezifische Betätigungen beschränkte Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG dazu, dass auch beim Abschluss von Rechtsgeschäften nur solche Betätigungen unter Art. 9 Abs. 1 GG fallen, welche die Gründung und Selbstorganisation der Vereinigung betreffen. Sonstiger rechtsgeschäftlicher Verkehr wie die Führung eines Girokontos ist daher vom Schutzzweck des Art. 9 Abs. 1 GG nicht erfasst; dies selbst dann nicht, wenn er auf die Verwirklichung des Vereinszwecks gerichtet ist. Dies deshalb, weil dem gemeinsam vom Verein verfolgten Zweck durch Art. 9 Abs. 1 GG kein weitergehender Schutz vermittelt wird, als einem individuell verfolgten. Schließlich hält das Verwaltungsgericht Düsseldorf fest, dass dem eingetragenen Verein gegenüber der Sparkasse auch kein Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos aus § 2 Abs. 1 SparkG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG zustünde. Dies deshalb, weil der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Personen oder Personengruppen nur dann verbietet, soweit diese nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind, was vorliegend der Fall war. Aus der geschäftlichen Tätigkeit des eingetragenen Vereins insbesondere in Krisengebieten würde nämlich die Sparkasse verstärkten Sorgfaltspflichten insbesondere nach dem Geldwäschegesetz unterliegen, weswegen aufgrund dieser überhöhten Sorgfalts- und Kontrollpflichten sowie dem hiermit verbundenen Aufwand von einem sachlichen Grund i. S. v. Art. 3 GG auszugehen ist. Da das Gericht bereits aufgrund dieser erhöhten Sorgfaltspflichten sowie des erhöhten Kontrollaufwandes einen sachlichen Grund bejahte, konnte das Gericht offenlassen, ob ein weiterer sachlicher Grund auch darin liegt, dass der eingetragene Verein in den Verfassungsschutzberichten als extremistisch-salafistisch eingeordnet wurde, wofür einiges spricht.
SEMINARTIPP
Praxisprobleme in Kontoführung & Zahlungsverkehr, 29.10.2020, Würzburg.
BUCHTIPP
Kontoführung & Zahlungsverkehr, 5. Aufl. 2017.
Beitragsnummer: 4894