Dienstag, 11. Februar 2020

Verwirkung des Widerrufsrechts

Thomas Wuschek, Rechtsanwalt, MBA, SanExpert-Rechtsanwalt

 

BGH, Urt. v. 07.03.2018, AZ: XI ZR 298/17

 

Der BGH hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden: 

 

Zwischen dem Kunden K und der Bank S war im Jahr 2008 ein Verbraucherdarlehensvertag geschlossen worden. Hierbei belehrte das Kreditinstitut falsch über das Widerrufsrecht.

 

Im Juni 2015 kam K auf die Bank S zu und bat um Ablösung des Darlehens. Das Kredit-institut erklärte sich hierzu unter Zahlung eines zwischen den Parteien zu vereinbarenden Vorfälligkeitsentgeltes von 10.000,00 € bereit. 

 

Der Kunde K zahlte das entsprechende Entgelt. Hierauf gab die Bank S die Sicherheiten frei.

 

SEMINARTIPP

Aktuelles zum Firmenkundenkreditrecht, 01.10.2020, Frankfurt/M.

 


Einen Monat nach Abwicklung des Darlehensvertrages erklärte K den Widerruf des Dar-lehens und forderte die Bank S zur Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 346 BGB sowie zur Herausgabe der gezahlten Vorfälligkeitsentgelte auf.

 

Die Bank S lehnte die Rückzahlung ab und erhob den Rechtseinwand der Verwirkung in Bezug auf das ausgeübte Widerrufsrecht.

 

Lösungsmöglichkeit

 

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass überhaupt kein relevanter Zeitraum zwischen Beendigung des Darlehensvertrages einerseits und Ausübung des Widerrufsrechtes andererseits liegen muss.

 

Einen Rechtsgrundsatz hinsichtlich des Unterbleibens des Widerrufes bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen hat der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht aufgestellt, wenn zwischen der Beendigung des Darlehensvertrages und Disposition ein gewisser Zeitraum liege (BGH, Beschluss vom 07.03.2018, AZ: XI ZR 298/17).

 

Vorliegend konnte sich die Bank S somit auch schon nach einem Monat auf das durch die Beendigung des Darlehensvertrages begründete Vertrauen berufen. Das Widerrufsrecht war verwirkt.

 

Die Tatsache, dass im Rahmen des Rückabwicklungsschuldverhältnisses nach Aufhebung des Darlehensvertrages Sicherheiten freigegeben werden ist ein Umstand, der bei der Argumentation der Verwirkung Berücksichtigung finden kann (BGH, Urt. v. 12.03.2019, AZ: XI ZR 98/17; BGH, Urt. v. 12.03.2019, AZ: XI ZR 247/17).


Auch ist inzwischen die Frage geklärt, dass ob die Darlehensgeberin davon ausgehen musste oder davon ausging, die Darlehensnehmer hätten von ihrem Widerrufsrecht keine Kenntnis, die Geltendmachung des Rechtseinwandes die Verwirkung nicht schließe. 

 

Gleiches gilt für den Umstand, dass letztlich die Darlehensgeberin durch Vorlage einer falschen Belehrung die für sie ungünstige Rechtssituation „selbst herbeigeführt hat“ (BGH, Urt. v. 18.09.2018, AZ: XI ZR 750/16).

 

PRAXISTIPPS

  • Die Bank sollte stets bei solchen Fallkonstellationen eine mögliche Verwirkung des Widerrufsrechts prüfen. 
  • Als Argumente für einen abgeschlossenen Lebenssachverhalt und damit für eine Verwirkung können die Sicherheitenfreigabe, die Auflösung der EWB und ggf. die Valutierung eines neuen Darlehens herangezogen werden.

Beitragsnummer: 5122

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