Michael Endmann, Direktor Gesamtbanksteuerung, Stadtsparkasse München
Anfang des Jahres veröffentlichte die EZB den Risk report on less significant institutions, in welchem sie über den Zustand der in ihren (mittelbaren) Verantwortungsbereich fallenden kleineren Institute berichtet. Der Risk report on less significant institutions wird jährlich in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden erarbeitet und soll die wesentlichen Risiken und Anfälligkeiten des LSI-Sektors darstellen. Derzeit gibt es im Verantwortungsbereich der EZB mehr als 2.400 LSI, wobei die Mehrzahl dieser in Deutschland und Österreich beheimatet ist.
Die EZB erachtet die geringe Profitabilität der LSI als eine der wesentlichen Anfälligkeiten dieses Sektors und stellt die Nachhaltigkeit der bei den LSI vorhandenen Geschäftsmodellen in Frage. Der durchschnittliche Return on Equity (ROE) sank 2018 auf 4,7 % von 5,8 % in 2017. Beide Werte liegen unter dem Mittelwert der SI von 6,2 %. Sowohl das Net Interest Income (NII) als auch das Net Fees and Commission Income (NFCI) blieben aber relativ konstant. Die Stabilität des NII sei aber vor allem durch ein wachsendes Kreditbuch bei sinkenden Margen erkauft.
Darüber hinaus scheinen einzelne Geschäftsmodelle an einer fortdauernden geringen Profitabilität zu leiden – insbesondere sog. Wholesale Lenders und Investment Banken.
Kennzahlenbasierte Peer-Group-Vergleiche
Eine wesentliche Neuerung, die durch den einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus, den Single Supervision Mechanism (SSM), eingeführt wurde, ist eine stärkere Nutzung sog. Peer-Vergleiche als aufsichtliches Instrument. Grundlage für derartige Peer-Vergleiche sind europaweit einheitliche Anforderungen an die Meldung relevanter Daten, im Wesentlichen die COREP- als auch die FINREP-Meldung. Auf Basis dieser Meldewesendaten entwickelte die Aufsicht sog. Risk Indicators, mittels derer eine quantitative Sicht auf verschiedene Themengebiete ermöglicht wird. Neben Eigenkapitalkennzahlen, Kennzahlen zu Qualität der Aktivseite und Risikoarten bezogene Kennzahlen steht auch ein Katalog von Kennzahlen zur Einwertung der Profitabilität bzw. von Geschäftsmodellen zur Verfügung.
INHOUSETIPP
Meldewesen Kompakt.
Die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle bleibt auch 2020 eine der aufsichtlichen Prioritäten. Um eine Geschäftsmodellanalyse in einem Haus durchführen zu können, verlangen die SREP-Guidelines von den nationalen Aufsichtsbehörden, dass eine entsprechende Peer Group für das jeweilige Institut ermittelt wird. Bei der Beurteilung des Geschäftsmodells und der Ermittlung einer zugehörigen Risikoprofilnote spielt die aktuelle Position des Instituts im Vergleich zu anderen Instituten der Peer Group und/oder im Vergleich zu seiner Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit eine Rolle. Neben verschiedenen Rendite-Kennzahlen (Return on equity, Return on assets) gibt es eine Reihe weiterer Kennzahlen, die zur Beurteilung herangezogen werden.
Institute sind daher gut beraten, eigene Peer-Analysen anzustellen, die definierten Risk Indicators zu ermitteln und in ihrer Entwicklung (auch im Vergleich zu einer Peer Group) zu überwachen.
(Key) Risk Indicators der europäischen Aufsicht
Welche Kennzahlen bzw. Risk Indicators sollten die Institute nun im Auge behalten? Zu welchen sollten sie eigene Peer-Analysen anstellen, um die Sicht der Aufsicht auf das eigene Institut zu antizipieren?
SEMINARTIPPS
Meldewesen Kompakt 2020: Vorgaben, Herausforderungen & Umsetzungstipps, 17.06.2020, Frankfurt/M.
Verzahnung von Daten aus Risikocontrolling, Rechnungs- und Meldewesen, 18.06.2020, Frankfurt/M.
Aktuelle 44er Prüfungen im Meldewesen: Prüfungsansätze & Erfahrungen, 28.10.2020, Frankfurt/M.
Eine Quelle für derartige Kennzahlen stellt das EBA Risk Dashboard dar. Das EBA Risk Dashboard besteht aus 21 Key Risk Indicators (KRI), von denen neun in einer sog. Heatmap zusammengefasst werden. Für die neun zuletzt genannten Indikatoren wurden durch die EBA Schwellenwerte festgelegt, die eine Zuweisung einer Ausprägung einer Kennzahl zu einer grünen, gelben bzw. roten Ampelschaltungen ermöglicht. Für eine grüne Ampel im Return on equity ist ein Wert größer zehn Prozent erforderlich. Ab einem Wert von kleiner sechs Prozent rutscht ein Institut in den roten Bereich. Im Durchschnitt liegen also alle im o. g. Risk report on less significant institutions enthaltenen Institute im roten Bereich, während die SI es im Mittel so gerade in den gelben Ampelbereich schaffen.
Die KRI des EBA Risk Dashboard sind zusammen mit weiteren Risk Indicators (RI) im EBA Methodological Guide – Risk Indicators and Detailed Risk Analysis Tools dargestellt und definiert. In diesem Guide sind 445 Risk Indicators (und 31 Detailed Risk Analysis Tools) enthalten, die zu zehn Themengebieten gehören. Diese zehn Themengebiete sind Liquiditätsrisiken, Refinanzierungsrisiken, Qualität der Aktiva, Risiken für die Profitabilität, Konzentrationsrisiken, Risiken für die Solvenz, Operationelle Risiken, Marktrisiken, KMU und Risiken aus Aktiva mit Staaten als Schuldner.
BUCHTIPP
Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden: Meldewesen, 2. Auflage, 2019.
Definition von Peer Groups – Geschäftsmodelle im Blick der europäischen Aufsicht
Für Sparkassen und genossenschaftliche Primärinstitute ist die Definition der jeweiligen Peer Group voraussichtlich relativ einfach. In der Regel dürfte die Peer Group aus anderen Instituten der jeweiligen Bankensäule bestehen. Schwieriger ist es für Institute, die keinem dieser Verbände angehören. Für diese kann auf Peer-Group-Modelle der Aufsicht zurückgegriffen werden. Beispiele können in dem o. g. Risk report oder in (Arbeits-) Papieren der Aufsicht gefunden werden (z. B. Identification of EU Bank Business Models – A novel approach to classifying banks in the EU regulatory framework von 2018).
PRAXISTIPPS
- Aufnahme der EBA-Key Risk Indicators in die interne Überwachung und Steuerung des Instituts.
- Durchführung von Peer-Analysen für wesentliche Risk Indicators zur Antizipation möglicher Handlungsfelder aus Sicht der Aufsicht.
- Definition einer geeigneten Peer Group über eine Analyse der Geschäftsmodelle vergleichbarer Institute.

Beitragsnummer: 6195