Sonntag, 15. März 2020

Widerrufsrecht bei einer Prolongationsvereinbarung

Thomas Wuschek, Rechtsanwalt, MBA, SanExpert-Rechtsanwalt

 

BGH, Urt. v. 15.01.2019, Az.: XI ZR 202/18

 

Nachdem die Rechtsfragen bezüglich des Widerrufsrechtes nach Verbraucherkreditrecht in einer Prolongationsvereinbarung abgeschlossen waren, ergaben sich noch Rechtsfragen zu der Frage, ob postalisch oder per E-Mail zugesandte Prolongationsvereinbarungen zu einem Widerrufsrecht nach Fernabsatzkredit führen.

 

Sachverhalt

 

Der Kläger K schloss mit der Bank S im Jahr 2004 einen Darlehensvertrag nebst grundpfandrechtlicher Sicherheit ab. Das Darlehen sah eine Zinsbindungsfrist von zehn Jahren und eine Laufzeit bis zur Tilgung des Darlehens vor.

 

Bei nahender Beendigung der Zinsbindungsfrist schrieb die Bank S den Kläger an und bot ihm eine Prolongation der Zinsbindungsfrist für weitere zehn Jahre zu einem marktüblichen Zinssatz an. 

 

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Der Kläger unterzeichnete, ohne die Bank selbst aufzusuchen die Prolongationsvereinbarung und sandte sie per Post zurück.

 

Nachdem im Jahr 2010 die Zinsen in erheblichem Umfang gefallen waren, setzte sich der Kläger mit der Bank S in Verbindung und teilte mit, er sei der Auffassung die Pro-longationsvereinbarung könne durch ihn widerrufen werden.

 

Er bezog sich hierbei auf die Tatsache, dass diese ausschließlich unter Nutzung von Fernkommunikationsmitteln zur Verfügung gestellt worden sei und eine Widerrufsbelehrung zu Fernabsatzgeschäften, unstreitig, der Prolongation nicht beigefügt worden war.

 

Die Bank verweigerte eine Neukonditionierung des Darlehens und bestand auf die Zinsbindungsfrist bis zum Auslaufen der 10-Jahresfrist.

 

Hiergegen wandte sich der Kläger.

 

Lösungsmöglichkeit

 

In der Bankpraxis ist es in der letzten Zeit vermehrt vorgekommen, dass Kunden die bankübliche Praxis der Zusendung der Zinsprolongation im Fernabsatz dazu nutzten, die Zinsprolongationsvereinbarung, nicht die Darlehensverträge an sich zu widerrufen.

Nach Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs ist dies jedoch nicht möglich.


Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag in Form einer unechten Abschnittsfinanzierung fänden die Vorschriften über Fernabsatzverträge auf die Konditionsanpassung keine Anwendung. 


Aufgrund der Konstruktion der unechten Abschnittsfinanzierung sei das Darlehensverhältnis, bestehend aus „Grundvertrag“ und gegebenenfalls anschließender Prolongationsvereinbarung als Einheit anzusehen, so dass den Darlehensnehmern nur bei Abschluss des Darlehensvertrages ein Widerrufsrecht nach verbraucherdarlehensrechtlichen Vorschriften zustünde, nicht aber bei Abschluss der Konditionsvereinbarung.


PRAXISTIPPS

  • Bei unechten Abschnittsfinanzierungen besteht kein Widerrufsrecht.
  • Die Widerrufsbelehrung muss nur dann vorgelegt werden, wenn ein neuer Darlehensvertrag geschlossen wird oder ein alter Darlehensvertrag als neu abgeschlossener Darlehensvertrag gewertet wird (Novation).   

 


Beitragsnummer: 6198

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