Sonntag, 22. März 2020

Mittelständler auch in der Krise unterstützen

Erschwerter Zugang zum klassischen Kreditmarkt: Alternative Modelle wie Sale & Lease Back oder Lagerfinanzierung gewinnen für Produzenten und Händler an Bedeutung.

Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter, Maturus Finance GmbH


Schon heute haben Banken Schwierigkeiten, Mittelständler in Sondersituationen mit Krediten zu bedienen. Die Häuser sind durch verschärfte Basel-Regularien zur Fokussierung auf Risikovermeidung gezwungen: Sie müssen mehr Eigenkapital für ihre Risikopositionen vorhalten und eine strikte Obergrenze bei der langfristigen Verschuldungsquote beachten. Dadurch ist die Top-Bonität bei den Ratings zur Kreditvergabe längst zum Hauptkriterium geworden. Welche Assets und Sicherheiten ein Unternehmen überdies bietet, tritt in den Hintergrund. Soweit der Status quo. Doch was würde eine Krise wie Ende der 2000er Jahre heute für den Mittelstand bedeuten? Dieser Frage sind der FINANCE Think Tank Corporate & Banking, Taylor Wessing und Struktur Management Partner nachgegangen – im Whitepaper „Finanzierung im Abschwung – eine Analyse der kommenden Krise“[1]. Eine zentrale Vorhersage des Papiers: Der klassische Kreditmarkt würde vielen Unternehmern im Krisenfall praktisch nicht mehr zur Verfügung stehen.


Sind selbst bestehende Kredite gefährdet?

Verschärft würde die Situation dadurch, dass sogar bestehende Darlehen nicht mehr sicher wären. Denn sollten kreditnehmende Unternehmen im Zuge einer erneuten Wirtschaftskrise ins Straucheln geraten, wären viele Banken gezwungen, notleidende Darlehen früh abzustoßen. Das Whitepaper führt zudem an, dass im künftigen Krisenfall gewohnte Rettungsinstanzen wie Förderbanken wohl nicht zur Verfügung stünden.


Alternative Finanzierung findet breite Akzeptanz

Bleiben Kreditinstituten also keine Optionen mehr, wenn teils langjährige Kunden in den Sog der Krise geraten? Doch: Sie können beispielsweise mit alternativen Finanzierern kooperieren. Die Studie zeigt, dass im Gegensatz zur letzten Wirtschafts- und Finanzkrise heute eine ganze Reihe Alternativen am Kapitalmarkt bereitstehen. Zudem fänden alternative Modelle wie Factoring, Lagerfinanzierung, Fintech-Kredite oder Leasing immer breitere Akzeptanz im Mittelstand.


Sale & Lease Back in Sondersituationen

Zu den Finanzierungsalternativen zählt auch Sale & Lease Back (SLB). Als objektbasiertes Modell hilft es mittelständischen Produzenten, frische Liquidität durch reine Innenfinanzierung zu erzeugen. Dazu werden werthaltige, mobile und fungible Maschinen-, Anlagen oder Fuhrparks vom Unternehmen an eine Finanzierungsgesellschaft verkauft und sofort zurückgeleast. So können stille Reserven gehoben und Liquidität für dringende Investitionen freigemacht werden. Da SLB bonitätsunabhängig funktioniert, ist es für unternehmerische Sondersituationen prädestiniert. Dazu zählen beispielsweise Neuausrichtungen des Geschäftsmodells oder der Prozesse, Unternehmenstransaktionen, Nachfolgen, Restrukturierungen oder Sanierungen sowie der Neustart aus der Krise.


Auf die richtigen Assets setzen

In den genannten Situationen unterstützt Sale & Lease Back schnelle Lösungen. Von der ersten Anfrage bis zur Auszahlung des Kaufpreises vergehen in der Regel nur wenige Wochen. Dreh- und Angelpunkt bei SLB ist der Maschinen- und Fuhrpark. Es sollte sich bei den Objekten durchweg um gängige Modelle handeln, nicht um Prototypen oder Sonderanfertigungen. Zudem stellt SLB immer auf einen ganzen Anlagenpark ab – nicht auf Einzelmaschinen. Ein weiterer Vorteil für die Betriebe: Während des Finanzierungsablaufs muss keine Maschine und kein Fahrzeug den Standort verlassen. Das Tagesgeschäft bleibt unberührt.


SEMINARTIPP

Aktuelles zum Firmenkundenkreditrecht, 01.10.2020, Frankfurt/M.


 

Flexible Kredite durch Umlaufvermögen

Ein weiteres alternatives Modell ist die Lagerfinanzierung. Sie kann für Überbrückungskredite und kurzfristige Liquidität sorgen. Gerade mittelständische Händler und Produzenten haben vom Ein- bis zum Verkauf oder zur Produktion viel Kapital im Unternehmen gebunden. Dazu zählen neben Maschinen auch Rohstoffe, Waren und Lagerbestände. Solche Objekte können genutzt werden, um alternative Kredite für den Betrieb zu besichern. Diese „Lager-Darlehen“ eignen sich ebenfalls in Sondersituationen oder für flexible Brückenfinanzierungen beispielsweise zum Abfedern von Saisoneffekten oder zum Sichern lukrativer Skonti im Einkauf.


Die passenden Objekte

Zentrales Kriterium derartiger Lager-, Waren- und Anlagen-Finanzierungen sind die entsprechenden Assets eines Unternehmens. Als beleihbares Umlaufvermögen gelten dabei wertbeständige und sekundärmarkfähige Handelsgüter sowie werthaltige Lagerbestände. Dies schließt beispielsweise Einzelprodukte, verderbliche Waren oder halbfertige Produkte als Sicherheiten aus. Die Tauglichkeit und der letztliche Beleihungswert der Objekte wird individuell durch den Finanzierungspartner ermittelt. Dazu erfolgt eine umfangreiche Bestandsaufnahme der gelagerten Güter. Zudem wird der Warenumschlag der letzten Monate betrachtet. Neben den reinen Objektwerten spielt auch die Unternehmenssituation eine Rolle für die Kreditvergabe. Mit dieser umfassenden Prüfung ist die Vergabe eines Lagerkredites sehr nah dran am Geschäftsalltag mittelständischer Händler und Produzenten.


PRAXISTIPPS

  • Mittelständische Unternehmen in Sondersituationen können von klassischen Kreditgebern heute oft nicht bedient werden – das Problem wird sich in der aktuellen Coronakrise noch verschärfen
  • Partnerschaften mit alternativen Finanzierern können ein Lösungsansatz sein; diese Modelle werden von Mittelständlern immer mehr als Option begriffen
  • Sale & Lease Back ist eine Möglichkeit, um aus gebrauchten Maschinenparks frisches Kapital zu generieren
  • Anlage- und Umlaufvermögen können mit dem geeigneten Modell als Sicherheit für flexible Überbrückungskredite genutzt werden

 

Weitere Informationen: www.maturus-finance.com


[1] Quelle https://finance-thinktank.de/wp-content/uploads/sites/10/2020/01/WP-finanzierung-2020.pdf


Beitragsnummer: 6199

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