Montag, 25. Mai 2020

AG Frankfurt zur Darlehensstundung auf Grund der Corona-Gesetzgebung

Erste gerichtliche Entscheidung im Eilrechtsschutz

Eduard Meier, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

Das Amtsgericht Frankfurt/M. hatte im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über einen Antrag eines Darlehensnehmers auf Stundung eines Rückzahlungsanspruches aus einem Überziehungskredit zu entscheiden.

Die kontoführende Bank hatte die Geschäftsbeziehung gekündigt und den Kunden zur Rückzahlung des in Anspruch genommenen Überziehungskredites aufgefordert. Nachdem der Darlehensnehmer aufgrund von angeordneter Kurzarbeit Einnahmeausfälle hatte, bat er die Bank um Gewährung einer verlängerten Rückzahlungsfrist, was diese ablehnte. Hierauf beantragte der Darlehensnehmer den Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach die Bank zur Verlängerung der Rückzahlungsfrist verpflichtet wird. Mit Beschluss vom 08.04.2020, Az. 32 C 1631/20 (89) hat das Amtsgericht Frankfurt/M. die Stundung der Rückzahlungsforderung ausgesprochen.

 

SEMINARTIPPS

VerbraucherKreditRecht 2020, 22.09.2020, Frankfurt/M.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.

 

Zur Begründung führt das Amtsgericht an, dass die Stundungswirkung nach Art. 240 § 3 Abs. 1 EGBGB zwar kraft Gesetzes einträte, ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auf gerichtliche Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen jedoch gleichwohl gegeben sei, da der Verbraucher die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift nachzuweisen habe und die Bank die Stundung vorgerichtlich abgelehnt habe.

Auch sei eine Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise zulässig, nachdem die Fälligkeit der verfahrensgegenständlichen Forderung unmittelbar bevorstehe und die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens im Zeitraum der gesetzlich angeordneten Stundung von drei Monaten nicht zu erwarten sei. Die einstweilige Anordnung sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Darlehensnehmers nötig, da diesem andernfalls Vollstreckungsmaßnahmen seitens der Bank drohten.

 

PRAXISTIPP

Die Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt/M. ist in mehrfacher Hinsicht höchst fragwürdig. Das Amtsgericht erkennt zwar, dass die Stundung gem. Art. 240 § 3 Abs. 1 EGBGB bereits von Gesetzes wegen eintritt und damit keiner gerichtlichen Anordnung bedarf. Auch stellt es in seiner Begründung auf ein „Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auf gerichtliche Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen“ ab. Gleichwohl hat es der Sache nach ausdrücklich eine Regelungsverfügung getroffen und in seinem Tenor die Stundung angeordnet. Bereits dies dürfte rechtsfehlerhaft sein; in Betracht käme vielmehr lediglich eine sog. feststellende Verfügung, deren Zulässigkeit höchst umstritten ist und die allenfalls in eng gesetzten Ausnahmefällen in Betracht kommen kann. 

Hinzu kommt, dass die vom Amtsgericht getroffene Stundungsanordnung die Hauptsache vorwegnimmt. Auch dies erkennt das Amtsgericht zwar, verweist jedoch zu deren ausnahmsweiser Zulässigkeit auf drohende Vollstreckungsmaßnahmen. Allein das Drohen von Vollstreckungsmaßnahmen kann jedoch die Vorwegnahme der Hauptsache nicht begründen, vielmehr ist bei bloßen wirtschaftlichen Nachteilen regelmäßig der Eintritt einer existentiellen Notlage erforderlich. Anders als für die tatbestandlichen Voraussetzungen der Stundung wäre für das Bestehen eines Anordnungsgrundes seitens des Darlehensnehmers daher auch glaubhaft zu machen gewesen, dass die Einnahmeausfälle nicht durch Aktivierung sonstiger Vermögensgegenstände kompensiert werden können.


Beitragsnummer: 8902

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