Prof. Dr. Gerhard Hellstern, BWL-Bank und Zentrum für Digitale Innovationen, Duale Hochschu-le Baden-Württemberg, Ravensburg. Davor langjähriger Leiter des Referats Bankgeschäftiche Prüfungen 1 der Deutschen Bundesbank, Hauptverwaltung in Baden-Württemberg.
I. Einleitung
Als Google im September 2019 mit der Behauptung der sog. „Quanten-Supremacy“ an die Öffentlichkeit getreten ist , haben viele Menschen zum ersten Mal von sog. Quantencomputern gehört. Mit Quanten-Supremacy ist gemeint, dass ein Quantencomputer in der Lage ist, be-stimmte Rechenprobleme um ein Vielfaches schneller als ein klassischer Computer zu lösen. Auch wenn der „Beweis“ von Google unter Fachleuten umstritten ist hat die Debatte doch dazu geführt, das Thema Quantencomputer aus den Labors und Forschungseinrichtungen herauszu-holen und einer breiteren Öffentlichkeit bewusst zu machen.
So haben auch viele Unternehmen in unterschiedlichen Branchen begonnen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und zu untersuchen, was es für ihr Geschäft(smodell) bedeuten könnte. Zu groß ist die Angst, einen weiteren wichtigen Meilenstein bei der Digitalisierung zu verpassen und gegenüber Mitbewerbern auf dem globalen Markt ins Hintertreffen zu geraten.
Unter den Branchen, bei denen man großes Potenzial durch Quantencomputing sieht, ist neben der Logistik, der Chemie, der IT-Sicherheit auch die Finanzbranche. Warum das so ist und wel-che Möglichkeiten und Chancen für Banken und Versicherungen durch Quanten-Computing entstehen, ist das Thema dieses Beitrages.
Nach einer kurzen Einführung in die wichtigsten (physikalischen) Grundlagen des Quanten- Computing folgt eine Übersicht potenzieller Anwendungsmöglichkeiten im Finanzbereich. Es wird dabei deutlich, dass einige der heutzutage besonders rechenintensiven Problemstellungen zukünftig sehr viel schneller lösbar sein könnten. Anschließend wird in einem konkreten Beispiel gezeigt, wie sich ein Kreditscoring mit einem Quantenalgorithmus realisieren lässt. Im Vorder-grund steht hierbei weniger der Geschwindigkeitsvorteil, sondern eher der Versuch, durch die Einbettung der Daten in einen höherdimensionalen Raum eine bessere Modellperformance (z. B. höhere Trennschärfe) zu erreichen. Eine Darstellung von Finanzinstituten, bei denen das Thema bereits eine Rolle spielt und eine Reihe offener Fragestellungen runden diesen Beitrag ab.
II. Grundlagen des Quantencomputing [...]
Beitragsnummer: 9265