Sonntag, 15. März 2020

Neue IFRS-Standards: Auswirkungen auf die Bilanzanalyse

Änderungen in der Bilanzanalyse durch die neuen Standards IFRS 15 (Umsatzerlöse) und IFRS 16 (Leasing)

Christoph Hoeren, Senior Risk Manager, Marktfolge/Kreditentscheidung, KfW DEG Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Köln

 

Überblick IFRS 15 und IFRS 16

 

Für am oder nach dem 01.01.2018 bzw. 01.01.2019 beginnende Geschäftsjahre haben sich deutliche Änderungen in der Umsatzrealisierung (IFRS 15) und dem Ausweis von Leasing (IFRS 16) ergeben. 

 

IFRS 15 ersetzte in 2018 diverse Vorgängerregelungen zur Ertragsrealisierung (z. B. IAS 18); über ein sogenanntes „5-Stufenmodell“ soll eine einheitlichere und korrektere Ermittlung der Umsatz-/Ertragsrealisierung erfolgen. Das Stufenmodell beinhaltet 5 Prüfschritte, die erfüllt sein müssen, damit eine Umsatzrealisierung verbucht werden kann. Unter anderem ist es für den Umsatzausweis entscheidend, ob der Übergang der Kontrolle des Gutes oder der Dienstleistung (d. h. Verfügungsgewalt) auf den Kunden erfolgt ist. Dies kann zu einem bestimmten Zeitpunkt (also z. B. zum Ende eines Projektes) oder auch über einen bestimmten Zeitraum „pro-rata“ erfolgen. Der Umstellungsaufwand durch IFRS 15 war für die Unternehmen sehr hoch, da z. B. Verträge mit den Kunden individuell hinsichtlich Ihrer Umsatzauswirkung überprüft wurden. 

 

SEMINARTIPPS

Quick-Check-Analyse für Kreditentscheider und Votierer, 07.05.2020, Frankfurt/M.

Kreditanalyse Kompakt, 25.05.2020, Köln.

IFRS-Analyse Kompakt, 26.05.2020, Köln.

Prüfung Kreditvergabestandards, 17.06.2020, Frankfurt/M.

 

 

IFRS 16 ersetzte in 2019 IAS 17 und hatte für Leasinggeber nur begrenzte Auswirkungen. Anders hingegen für Leasingnehmer, da die bislang für Operating-Leasing geltende „off-balance“ Bilanzierung (d. h. Ausweis lediglich im Anhang nach IAS 17) aufgehoben und grundsätzlich ersetzt wird durch eine „on-balance“-Erfassung von Leasingverhältnissen unabhängig von Ihrer Ausgestaltung als Finance- oder Operating-Leasing. 

 

Auswirkungen auf Finanzkennzahlen und die Bilanzanalyse

 

Für beide IFRS Standards gilt, dass die Auswirkungen auf wichtige Finanzkennzahlen oder Leistungsindikatoren sehr unterschiedlich und sowohl neutral, positiv oder negativ sein können.

Die Veränderungen hängen u. a. von der Branche, dem Geschäftsmodell und der Intensität der Nutzung von Operating Leasing als Finanzierungsform ab. Ferner ergeben sich diverse Gestaltungsmöglichkeiten, wie z. B. im Ausweis und der Bewertung von Leasingvertragsverhältnissen.

 

INHOUSETIPP

Analyse von IFRS-Kundenbilanzen.

 




Von daher können keine pauschalierten Aussagen zu möglichen Änderungen getroffen werden. Vielmehr gilt für beide Standards, dass eine individuelle Analyse und Bewertung anhand der Anhangsangaben zwingend erforderlich ist, um die Veränderungen einschätzen zu können.

 

Ein wichtiger Grundsatz ist bei der Analyse zu beachten: Die Ausfallwahrscheinlichkeit hat sich durch Anwendung von IFRS 15 und 16 nicht geändert, so dass es hierdurch auch grundsätzlich zu keinen Ratingveränderungen kommen kann und darf


 

Die Fehlinterpretation von Kennzahlenentwicklungen (auch bei Financial Covenant Verstößen) und Stabilität der Ratingergebnisse kann erreicht werden über verschiedene Tools und Maßnahmen, wie z. B.:

 

  • Auswahl möglichst stabiler Finanzkennzahlen, die grundsätzlich nicht durch Änderungen in der Rechnungslegung betroffen sind. Beispiel: Zinsdeckungsgrad oder Cashflow basierte Kennzahlen/Ratios.
  • Nutzung von Pro-Forma Kennzahlen in der Vergangenheit, z. B. Berücksichtigung von Operating-Leasingverhältnissen für Geschäftsjahre vor IFRS 16 Anwendung in den Finanzverbindlichkeiten oder Berechnung der Eigenkapitalquote. Hierdurch wird ein Vergleich sichergestellt.
  • Expertenbasierte Anpassung von Ratingergebnissen als Ausnahme, sofern nur durch die neuen Standards sich Kennzahlen geändert und eine Ratingveränderung (positiv/negativ) begründen.
  • Nutzung von Checklisten für IFRS 15 und 16, um eine standardisierte Analyse und Bewertung sicherzustellen.  

 

PRAXISTIPPS 

  • Die Auswirkungen durch die neuen IFRS Standards 15 (Umsätze) und 16 (Leasing) sind zwingend im Einzelfall zu analysieren und hängen z. B. von der Branche bzw. Intensität der bisherigen off-balance Leasingbilanzierung ab. Pauschalierte Aussagen können nicht getroffen werden und sind zu vermeiden.
  • Durch die neuen Standards darf sich grundsätzlich das Ratingergebnis nicht verändern, da sich die Ausfallwahrscheinlichkeit nicht verändert hat.
  • Veränderungen im Rating sind mit den erfolgten und anstehenden Reportings der Unternehmen kritisch bezüglich der möglichen Treiber zu analysieren. Dieser Prozess kann durch die Auswahl adäquater Finanzkennzahlen oder Nutzung von Pro-Forma Ratios unterstützt werden. 
  • Der ausreichende Know-how-Transfer zu den neuen Standards und der Einsatz von Checklisten kann eine standardisierte Prüfung von komplexen Sachverhalten in der Unternehmens-/Bilanzanalyse sicherzustellen. Fehlinterpretationen (auch bei möglichen Financial Covenant Verstößen) sind so vermeidbar.

Beitragsnummer: 5159

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