Mittwoch, 11. November 2020

Prüfung von Aufbau und Struktur des IT-Risikomanagements

Umsetzung und Prüfung der neuen MaRisk-/BAIT-Anforderungen.

Björn Wehling, Bereichsleiter Revision & Regulatorik, Finanz Colloquium Heidelberg GmbH

 

Die neuen MaRisk sowie die neuen BAIT stellen durch die Einbeziehung der EBA-Leitlinien zum IKT-Risiko (Guidelines on ICT and Security Risk Management – ICT Guidelines) die Bedeutung des IT-Risikomanagements noch einmal deutlich in den Vordergrund. Doch wie können Aufbau und Struktur eines aufsichtskonformen IT-Risikomanagements aussehen?




 


Aufbauorganisation

 

Zentrale Elemente der Aufbauorganisation sind die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten sowie aufsichtskonforme Ausgestaltung einer schriftlich fixierten Ordnung, in der auch die Dokumentationsanforderungen enthalten sind. Zudem muss ein funktionsfähiges IKS implementiert werden mit einer (risiko-)adäquaten Ressourcenausstattung. Weiterhin ist festzulegen, in welchem Umfang IT und IT-Infrastruktur genutzt werden soll. Entsprechende Rahmenangaben sollten in der IT-Strategie verankert und aus dieser abgeleitet werden. Die Revision hat hier zu prüfen, inwieweit die IT-Infrastruktur mit der allgemeinen Aufbau- und Ablauforganisation der Bankprozesse einhergeht.



Seminartipps


 

Strukturanalyse

 

Bei der Prüfung der Strukturanalyse ist durch die Interne Revision zu beurteilen, ob die Vollständigkeit (Inventarisierung aller Bestandteile des festgelegten Informationsverbundes) und Aktualität der Schutzobjekte gegeben ist und die Abhängigkeiten zwischen den Schutzobjekten richtig hergestellt und dokumentiert wurde. Die Abhängigkeiten zwischen den Schutzobjekten sind sowohl auf vertikaler als auch auf horizontaler Ebene zu beurteilen und die jeweilige Festlegung von Informationseigentümern zu prüfen.

 

Schutzbedarfsanalyse

 

Die Prüfung der Schutzbedarfsanalyse(n) beinhaltet die Prüfung mehrerer Teilprozesse. Zunächst ist der Prozess der Einbeziehung von Informationseigentümern und des ISB zu betrachten sowie die implementierten (Schlüssel-)Kontrollen des IKS zu beurteilen. Weiterhin hat die Revision zu prüfen, inwieweit die Schutzbedarfsanalyse vollständig alle Schutzobjekte erfasst (hat) und ob sichergestellt ist, dass neue Schutzobjekte erkannt und einer entsprechenden Analyse unterzogen werden. Ebenso ist zu prüfen, ob eine einheitliche horizontale und vertikale Vererbung des Schutzbedarfs erfolgt.

 

Sollmaßnahmenkatalog und Soll-Ist-Abgleich

 

Die Festlegung von Sollmaßnahmen (technisch oder organisatorisch) hat für jedes Schutzobjekt (bspw. IT-Anwendungen und Infrastrukturkomponenten, Medien, Räume und Gebäude) zu erfolgen. Sollmaßnahmen differenzieren sowohl nach Schutzziel als auch nach angestrebtem Schutzniveau und sind angemessen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Hier hat die Interne Revision einerseits zu prüfen, ob die jährliche Überprüfung des Sollmaßnahmenkatalogs auf Aktualität und Vollständigkeit vorgenommen und ausreichend dokumentiert wurden, andererseits hat die Prüfung zu erfolgen, ob die aus dem Sollmaßnahmenkatalog resultierenden Anforderungen mit dem realisierten Ist-Zustand abgeglichen wurden und welche Schlüsse aus dem Ergebnis des Abgleichs gezogen wurden. Verantwortlich für die Durchführung/Abnahme des Soll-Ist Abgleichs sollte der ISB sein. 

 

Auslagerungssachverhalte

 

Bei Auslagerung von entsprechenden IT-Prozessen und IT-Aktivitäten an IT-Dienstleister müssen diese die Maßgaben des Instituts vertraglich zusichern und über Abweichungen berichten. Entsprechende Berichte sind durch die Interne Revision und den Fachbereich/das zentrale Auslagerungsmanagement auszuwerten. 

 

Restrisikoanalyse

 

Im Rahmen der Restrisikoanalyse hat eine Risikobewertung mit Umsetzung der Sollmaßnahmen und ein Soll-Ist-Abgleich zu erfolgen. Die identifizierten Abweichungen sind anhand von Risikokriterien zu analysieren, wobei sich die Risikokategorien sich an der Risikobewertung des Instituts für operationelle Risiken orientieren oder entsprechend überleiten lassen. Die Risikobewertung berücksichtigt u. a. mögliche Bedrohungen, das Schadenspotenzial, die Schadenshäufigkeit sowie den Risikoappetit. Bei der Bewertung ist der Schutzbedarf der von den Risiken betroffenen Informationen und IT-Systeme angemessen zu berücksichtigen und die identifizierten und bewerteten Risiken nachvollziehbar in einem Risikoinventar zu dokumentieren. Die Interne Revision hat die Prozesse der Restrisikoanalyse entsprechend nachzuvollziehen und über die Angemessenheit der Risikobewertung und Risikokategorisierung bzw. eine abweichende Risikoeinschätzung zu berichten.

 

Berichtswesen

 

Die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan sind mindestens vierteljährlich durch den Fachbereich/ISB über Informationsrisiken zu informieren. Wesentliche Risiken einschließlich abgeleiteter Maßnahmen zur Abstellung bzw. zum Umgang mit diesen Risiken sind im Risikobericht darzustellen und zu bewerten. Die Interne Revision hat die Vorgaben zur regelmäßigen und ad-hoc Berichterstattung bzgl. des IT-Risikomanagements an die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan zu prüfen und ihrerseits darüber zu berichten.

 

PRAXISTIPPS

  • Prüfen Sie das Vorhandensein einer übersichtlichen Aufbau- und Ablauforganisation mit klaren Verantwortlichkeiten für die jeweiligen (Teil-)Prozesse.
  • Stimmen Sie sich vor/bei/nach den Prüfungen eng mit dem ISB ab.
  • Prüfen Sie, dass der Process-Ownership-Vergabeprozess zu einer lückenlosen Verantwortungskette des Prozesses in der End-to-End-Betrachtung führt.
  • Prüfen Sie die Auslagerungsverträge mit IT-Dienstleistern daraufhin, ob alle notwendigen und aufsichtlich geforderten Inhalte schriftlich vereinbart wurden und über IT-Risiko-relevante Sachverhalte (ad-hoc) berichtet wird.
  • Setzen Sie als Erwartungswert für den Anteil der IT-Risiken am gesamten OpRisk einen Wert von größer 50 % an und prüfen Sie intensiv die Vollständigkeit und Richtigkeit der Überleitung von IT-Risiken in das OpRisk-Management.

 

 

 


Beitragsnummer: 12997

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Kein Widerruf nach vollständiger Erfüllung eines Kreditvertrags

Ein Verbraucher kann sich nach vollständiger Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag nicht mehr auf sein Widerrufsrecht berufen.

17.04.2024

Beitragsicon
BCBS 561 – Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Zinsschockszenarien

Der 300 BP-Zinsschock der letzten zwei Jahre hat Folgen für die Behandlung von Zinsrisiken. Der neue BCBS 561 regelt die Berechnung von Zinsschock-Szenarien.

13.02.2024

Beitragsicon
Herausgeberinterview mit Henning Riediger

Interview mit Buchherausgeber Henning Riediger zur Neuerscheinung MaRisk-Berichtswesen

05.04.2024

Beitragsicon
DORA-Umsetzung: Hilfe zur Selbsthilfe

Ein Vorgehensmodell zur Implementierung der DORA aus der Praxis

26.02.2024

Beitragsicon
Datenqualität(sprüfungen) im AWV-/AWG-Meldewesen

Datenqualität(-sprüfungen) im AWV-/AWG-Meldewesen und die verzahnte Betrachtung von Datenqualitäts- und Meldeprozessen

28.02.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.