Samstag, 11. April 2020

CORONA-Krise – der Anfang vom Ende?

Zusätzliche Herausforderungen für Risikomanagement und Banksteuerung.

Frank Neumann, Leiter Controlling, Sparkasse Bodensee

 

Ein kleines Virus hält die Welt in Atem. Durch den Lockdown kommt die Wirtschaft zum Stillstand. Eine weltweite Rezession steht bevor. Alte politische Egoismen flammen neu auf. Ein (temporärer) weltweiter Wohlstandsverlust darf erwartet werden. Die Politik und Notenbanken stemmen sich mit gigantischen Hilfsmaßnahmen und Schutzschirmen gegen die Entwicklung, aber können alle Staaten es sich auch leisten? Droht die nächste Staatschuldenkrise oder gar Schlimmeres? Wie wirkt sich diese Entwicklung auf den nationalen und internationalen Zusammenhalt aus?

 

Erwartet werde die schlimmste Entwicklung seit der Weltwirtschaftskrise in den 1920er und 30er Jahren, befürchtet die IWF-Direktorin Kristalina Georgiewa am 09.04.2020 in Washington. Es handele sich um eine beispiellose Krise.

 

Im Alltag – eine Herausforderung mehr …

 

Schon vor der Corona-Krise waren insbesondere deutsche Volksbanken und Sparkassen aufgrund ihres Geschäftsmodells mit signifikanten Herausforderungen konfrontiert. Das Risikomanagement einer Bank wurde in zunehmendem Maße zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor, da dort geschäftspolitische Entscheidungen, beginnend bei der allgemeinen strategischen Ausrichtung bis hin zu Vertriebssteuerung/Pricing, vorbereitet werden. Niedrigzinsphase, zunehmende Volatilitäten, strategische Risiken, Digitalisierung und nach wie vor ein hoher Regulierungsgrad mit steigenden Anforderungen stellen die Banken bereits ohne den exogenen Schock einer Corona-Krise vor z. T. existenzielle Herausforderungen. Die beobachteten Entwicklungen an den Finanzmärkten und die unvorhersehbaren aber mit Sicherheit gravierenden Folgen für die Wirtschaft sowie dadurch die gehaltenen Finanzierungen und Ergebnisbestandteile verschärfen die Situation teils dramatisch. Durch die inzwischen vorgenommenen Anpassungen der Aufsicht besteht aktuell die Chance, die Prioritäten voll und ganz auf den Umgang mit der Corona-Krise zu konzentrieren.

 

SEMINARTIPPS

Gesamtbanksteuerung: Neue Anforderungen, Prüffelder & Feststellungen, 16.06.2020, Frankfurt/M.

Neue ILAAP-Vorgaben: Handlungsoptionen für Liquidität- & Banksteuerung, 02.11.2020, Hamburg.

Negativzinsen: Herausforderungen für Banksteuerung und Kundengeschäft, 03.11.2020, Hamburg.

FCH Fit & Proper VORSTAND: Fokus Gesamtbanksteuerung/Risikomanagement, 25.11.2020, Frankfurt/M.

§ 44er Sonderprüfungen zur Gesamtbanksteuerung, 01.12.2020, Frankfurt/M.

 

Vorschläge zur Prioritätensetzung

 

Priorität 1: Sicherstellung der operativen Handlungsfähigkeit

 

Die meisten Institute haben hierfür bereits die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Notfallpläne wurden aktiviert und ggf. revidiert, Krisenstäbe gebildet sowie die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt der Handlungsfähigkeit ergriffen. Der nach wie vor ungewisse Krisenverlauf sorgt täglich für neue Herausforderungen.

 

Priorität 2: Treasury-Auswirkungen handhaben

 

Zur operativen Handlungsfähigkeit gehört auch, weiterhin die Transformationsfunktionen ausüben zu können. Bisher beispiellose Kursvolatilitäten an Aktienmärkten zeigten oft die Schwächen im Limitsystem auf. Anziehende (Liquiditäts-) Spreads belasten die Vermögenswerte und Ertragslage immens. In dieser Situation muss Klarheit über die Refinanzierungszugänge, Verlustabsorptionsmöglichkeiten und Bewertungsoptionen bestehen, um auch im Verlauf des übrigen Jahres noch handlungsfähig zu bleiben.

 

Priorität 3: Kundenkreditgeschäft

 

Neben dem obligatorischen Quick-Check des Kreditportfolios (tangierte Branchen, Risikotreiber, Bewertungssimulationen …) geht es vor allem darum, tatsächliche Ausfälle zu vermeiden. Dies erfolgt durch möglichst enge Begleitung von Risikotreibern/Großkunden sowie durch Weitergabe der Hilfspakete. Dennoch ist davon auszugehen, dass zuerst Eigenmittelbindungen durch Forbearance/Zahlungsverzüge steigen und erst im zweiten Schritt tatsächliche Wertberichtigungen in ggf. bislang noch nie dagewesenem Ausmaß drohen.

 

Priorität 4: Bewusstseinsbildung zum künftigen Geschäftsmodell

 

Für Banken bleibt nicht viel Zeit, bis die Ertrags-, Kredit- und Kapitalrisiken erkennbar werden. Unabhängig von der Größe des Instituts oder seines Geschäftsmodells kommt es jetzt darauf an, sich bestmöglich auf einen drohenden wirtschaftlichen Sturm vorzubereiten. Hierfür ist es zielführend, mögliche Ergebnisbelastungen und Kapitalrisiken zu simulieren sowie mithilfe von Szenarien die verbliebenen Handlungsoptionen/Planungen im Management zu diskutieren. Die vor Corona bereits stark gestressten Geschäftsmodelle insb. bei Universalbanken stoßen durch die aktuelle Krise an ihre Belastungsgrenzen. Es zeichnet sich ein enormer Veränderungsdruck und notwendige Veränderungsgeschwindigkeit ab, die tradierte Herangehensweisen überfordern dürfte. Zur Handhabung ist Vorbereitung ein sinnvolles Instrument, auch wenn nichts so ungewiss ist wie die Zukunft.



 

PRAXISTIPPS

  • Priorisieren Sie Ihren Ressourceneinsatz insbesondere zum Erhalt der Handlungsfähigkeit und zur Vermeidung von Kreditausfällen.
  • Neben all der operativen Leistung sollte „die Zeit nach Corona“ bereits jetzt in Szenarien und anlassbezogenen Aktualisierungen von (Kapital) Planungen simuliert und diskutiert werden.
  • Alles ist für etwas gut – welche Chancen bietet die Krise für Ihr Geschäftsmodell? Ergeben sich ggf. neue Geschäftsfelder, vermarkten Sie Ihre Krisenbetreuung als künftigen Imagebaustein?

Beitragsnummer: 6481

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Geldpolitik: Warum der Mindestreservesatz nicht erhöht werden sollte

Die Überschussliquidität der Banken bei der Bundesbank war zur Krisenbewältigung sehr wichtig und generieren keine ungerechtfertigten Erträge

14.01.2024

Beitragsicon
AML/CFT: Herausfordernde Zeiten zwischen Extremen und Extremismus

Das Themenfeld Terrorismus/Extremismus ist für jedes Kreditinstitut relevant – die Frage ist nur, ob man erkennt, wie hoch die Relevanz ist.

12.04.2023

Beitragsicon
Eigenkapitaloptimierung in der Steuerung einer Sparkasse

Durch die Integration von Eigenmittel-Effizienzkennzahlen in die Steuerung einer Sparkasse kann eine nachhaltige Stärkung der Eigenmittel forciert werden.

09.02.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.