Freitag, 31. Januar 2020

Faktoren zum Erfolg von Data Warehouse-Projekten

Dr. Konstantin Glombek, Senior Referent Adressrisikosteuerung, Risikocontrolling, Bank für Sozialwirtschaft AG

 

Der Auf- oder Umbau sowie die Zusammenlegung von Data Warehouses (DWH) sind nicht zuletzt aufgrund der Anforderungen aus BCBS 239 sowie der fortschreitenden Digitalisierung ein großes Thema in den Instituten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Projekte schnell in Zeitverzug geraten können, oder dass das Budget deutlich überschritten wird. Dieser Beitrag zeigt daher einige Faktoren, die den Erfolg solcher Projekte ausmachen. Der Autor beruft sich dabei auf seine Projektleitungserfahrung bei der Bank für Sozialwirtschaft AG sowie aus dem Sparkassen-Bereich.

 

Agiles oder klassisches Projekt?

 

Zu Beginn eines jeden Projektes steht die Auswahl der verantwortlichen Personen, die Festlegung des Projekttyps (agil oder „klassisch“) sowie die Erstellung von Projektsteckbrief, -auftrag und -planung. In der Regel ist das Ergebnis des Projektes im Vorhinein klar: Bis zu einem bestimmten (oft auch aufsichtsrechtlich festgelegten) Zeitpunkt sollen ETL-Routinen zur Befüllung einer Datenbank implementiert sein. Dabei ist zu unterscheiden, ob hier ein bestehendes Datenmodell übernommen werden muss (z. B. durch Vorgaben eines Anbieters einer Software, die die Daten verarbeiten soll) oder ob ein solches noch zu schaffen ist (z. B. beim Aufsetzen einer hauseigenen Auswertungsplattform). Die Überführung von mehreren Datenmodellen in ein einziges fällt dabei offenbar unter den ersten Fall. Aufgrund der Klarheit des Ergebnistyps erscheint zunächst eine klassische Projektstruktur als naheliegend. Da eine Software- bzw. DWH-Entwicklung jedoch immer iterativ verläuft (ein Entwicklungsstand wird getestet, dann nachgebessert, dann erneut getestet usw.), kommen hier auch Elemente des agilen Projektmanagements zum Tragen. Es empfiehlt sich somit, eine gewisse Mischform dieser Projekttypen durchzuführen.

 

SEMINARTIPPS

Risikoberichtswesen & Reporting in Praxis & Prüfung, 18.03.2020, Frankfurt/M.

Neu-Produkte-Prozess (NPP), 30.03.2020, Köln.

Prüfung Datenqualität, 21.04.2020, Frankfurt/M.

Prozessorientierte Prüfungslandkarten & Revisionsberichte, 04.05.2020, Frankfurt/M.

 

Fokussierung bei der fachlichen Konzeption unbedingt erforderlich

 

An erster Stelle eines jeden DWH-Projektes steht die fachliche Konzeption. Hier bietet es sich an, zunächst die zu verarbeitende Datenmenge zu beschreiben (z. B. welche Konten bzw. Produkte dargestellt werden sollen) und dann je Fall die anzuliefernden Datenfelder (z. B. Kontonummer, Saldo, Produktnummer usw.) detailliert zu erläutern. Insbesondere bei der Schaffung eines neuen Datenmodells kommt es hier häufig zu der Situation, dass insgesamt zu viele Datenfelder angefordert werden, die den Projektrahmen übersteigen. Aber auch bei gegebenen Datenmodellen ist die Befüllung eines jeden Datenfeldes in der Regel nicht erforderlich. Für den Projekterfolg ist es daher entscheidend, dass sich hier entsprechend fokussiert wird und Datenfelder von untergeordneter Bedeutung nicht oder in einem Folgeprojekt bearbeitet werden. 

 

Expertise der Projektmitglieder als Erfolgsfaktoren

 

In der fachlichen Konzeption ist es eine Hauptaufgabe, dass fachliche Anforderungen für einen DWH-Entwickler nachvollziehbar gestellt werden. Hilfreich ist dabei oftmals die Angabe von Pseudo-Code. Die Erstellung dieser Konzeption erfordert daher Projektmitglieder, welche fachliche Anforderungen in der Sprache der Entwickler darstellen können (beispielsweise Kollegen aus dem Fachbereich mit vertieften IT-Kenntnissen oder aus der Organisation/IT mit großer fachlicher Expertise). Weiterhin ist es unerlässlich, Projektmitglieder aus der/den Abteilung(en) zu gewinnen, die für die originäre Erfassung bzw. den Prozess zur Datenentstehung zuständig sind. Jeder mag z. B. eine Vorstellung von dem Begriff „Kreditlinie“ haben, aber nur die Verantwortlichen für die Erfassung und dessen Prozess (hier: die Marktfolge und eine zugehörige Kreditprozessabteilung) verfügen über das Wissen, welche Feinheiten dazu in der Praxis auftreten. Kollegen aus Daten(auswertungs)abteilungen können ebenfalls sehr hilfreich sein, da diese über profundes Wissen über die Datenlage im Institut verfügen (Welche Daten sind in welcher Qualität verfügbar?). In die fachliche Konzeption sind ferner die DWH-Entwickler frühzeitig einzubinden, um hier einen bestmöglichen Kenntnisstand zu gewährleisten.



Gegebenenfalls wird die Unterstützung des IT-Betriebes benötigt, um das Projekt erfolgreich zu gestalten (z. B. bei der Bereitstellung von Datenbanken oder dem Erstellen von Skripten).

Das Thema „Software-Tests“ ist in den letzten Jahren stark gewachsen, so dass es äußerst hilfreich ist, hier Experten einzubinden, die bei der Erstellung von Testfällen und der Testkonzeption unterstützen. Zuletzt muss dem Projekt noch eine angemessene Anzahl von Testern angehören, die oftmals aus den künftigen Anwendern der entsprechenden Datenbank bestehen.

 

BUCHTIPP

Hein/Scheve (Hrsg.), Handbuch Datenmanagement, 2019.

 



Intelligente Ausgestaltung von Tests erspart viel Arbeit

 

Das Testen der DWH-Entwicklung inkl. der zugehörigen Vorbereitung ist der größte Arbeitsblock im Projekt und kann nach der Erfahrung des Autors grob mit ca. 50 % des gesamten Projektaufwands veranschlagt werden. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf Stichproben- und Vollständigkeitstests. Bzgl. der Stichprobentests erweisen sich Äquivalenzklassen-Tests als sehr zweckmäßig: Die gesamte Datenmenge wird dabei in disjunkte, möglichst homogene und sich voneinander deutlich unterscheidende Teilmengen zerlegt. Aus jeder dieser Teilmenge wird dann ein Stellvertreter bzw. Beispielfall durch Abgleich von Quell- mit Zielsystem exakt nachgeprüft. Die Kriterien, nach denen man diese Teilmengen bildet, hängen dabei vom Anwendungsfall ab und können mannigfaltig sein (z. B. eine Unterscheidung nach Produkten, Ratings, Vertragsausgestaltung (z. B. Sonderkündigungsrechte), etc.). In das Definieren und intelligente Zusammenfassen dieser Kriterien sollte ausreichend Zeit investiert werden, um nicht zu viele Kriterien und damit Testfälle zu generieren, aber dennoch die gesamte Datenmenge umfassend abbilden zu können. Bei Massentests sind vor allem Gesamtanzahlen und Volumensummen zwischen Quell- und Zielsystem abzugleichen, um die Vollständigkeit der Datenanlieferung zu überprüfen.

 

Führende Systeme nutzen

 

Während der Entwicklung stellt sich die Frage nach der Quelle bestimmter Daten. Hier ist es entscheidend, führende (Datenhaltungs-)Systeme als Datenquelle zu nutzen (häufig das Kernbankenverfahren). Vermeiden Sie eigene Logiken für die Bestimmung von Daten, die schon anderweitig vorhanden sind. Dies führt zu Inkonsistenzen von Begrifflichkeiten oder sogar Widersprüchen. Davon kann abgewichen werden, falls die vorhandenen Daten nur teilweise oder nicht brauchbar sind, was jedoch eine begründete Ausnahme sein sollte.

 

Puffer für unvorhergesehene Aufgaben berücksichtigen

 

Unvorhergesehene Aufgaben treten in den meisten Projekten auf. In einem DWH-Projekt sind dies häufig die Nachpflege von Daten, die Anpassung hauseigener Erfassungsprozesse, um bestimmte Informationen verfügbar machen zu können, oder die Frage nach führenden Systemen. Für das Anstoßen solcher Veränderungen sollte daher ein gewisser zeitlicher Puffer eingeplant werden. Es empfiehlt sich hier jedoch eine klare Fokussierung auf unbedingt erfolgsnotwendige Punkte. Geringer zu priorisierende Probleme sollten an ein Anforderungsmanagement abgegeben und außerhalb des Projektes behandelt werden. 

 

PRAXISTIPPS

  • Fokussieren Sie sich unbedingt bei der fachlichen Konzeption auf die wirklich notwendigen Datenfelder!
  • Binden Sie alle betroffenen Fachbereiche angemessen sein, um ausreichend Kompetenz im Projekt zu haben und eine größtmögliche Akzeptanz der DWH-Entwicklung zu erreichen.
  • Unterschätzen Sie den Aufwand für eine angemessene Testkonzeption und Testfallerstellung nicht.
  • Machen Sie sich für einzelne Daten klar, was jeweils das führende Datenhaltungssystem ist. Meistens ist dies offensichtlich, manchmal muss dies jedoch geklärt werden.

Beitragsnummer: 5121

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
BGH äußert sich zum Anspruch auf „Kopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO

Sofern ein Dokument nicht von der betroffenen Person selbst stammt, besteht nach BGH-Auffassung grundsätzlich keine Verpflichtung zur Herausgabe dessen Kopie.

17.04.2024

Beitragsicon
Reform der Gesamtbanksteuerung: Risikotragfähigkeit

Die neue Herausforderung: Dualität zwischen der normativen und ökonomischen Perspektive beim institutsspezifsichen ICAAP als laufende Managementaufgabe

13.09.2023

Beitragsicon
DORA-Umsetzung: Hilfe zur Selbsthilfe

Ein Vorgehensmodell zur Implementierung der DORA aus der Praxis

26.02.2024

Beitragsicon
Finanzbranche im Wandel: Schlüsseltrends der Zukunft

Die Finanzbranche im Wandel. Erfahren Sie wie Datenmanagement den Weg für Finanzinstitute in der digitalen Transformation ebnet.

18.10.2023

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.